Kleine (Bau)Maßnahmen mit großer Wirkung

  • Pfarrkirche Palau
    Pfarrkirche Palau
    180-GRAD-DREHUNG. Im Zuge des Umbaus der Paldauer Pfarrkirche wurde der Zubau aus den 1970er Jahren um eine Apsis erweitert und die Sitzreihen um 180 Grad gedreht. © Markus Kaiser, Graz / Bamberger Architects
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    NEUORIENTIERUNG. An der Stelle des ehemaligen Seiteneingangs befindet sich heute der Altar in der neu errichteten Apsis. © Markus Kaiser, Graz / Bamberger Architects
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    VORHER-NACHHER. Die alte, schwere Holzdecke ist einem Gewölbebogen in Trockenbauweise gewichen. © Markus Kaiser, Graz / Bamberger Architects
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    ERLEUCHTET. Zwei seitliche Lichtschlitze trennen die neue Apsis vom alten Zubau und schaffen gemeinsam mit dem Oberlicht einen lichtdurchfluteten Raum, der die neue Orientierung im Kirchenraum zusätzlich betont. © Markus Kaiser, Graz / Bamberger Architects

Fast 40 Jahre lang versperrte in der Pfarrkirche von Paldau ein denkmalgeschützter Pfeiler der Gemeinde den Blick auf den Altar. So lange, dass es die Gemeindemitglieder selbst schon fast nicht mehr bemerkten. Bis der neue Pfarrer sein Amt antrat und gemeinsam mit dem Architekten Alfred Bramberger „alles auf den Kopf stellte“.

Die Pfarrkirche von Paldau in der Oststeiermark blickt auf eine lange, bewegte (Bau)Geschichte zurück. Das dreijochige Langhaus enthält Reste eines spätromanischen Vorgängerbaus, der laut baugeschichtlicher Bestandsaufnahme bereits um das Jahr 1200 errichtet worden sein dürfte. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Gemeinde Paldau zur eigenständigen Pfarre erhoben und die Kirche im gotischen Stil ausgebaut.

Im Spätbarock des ausgehenden 18. Jahrhunderts erfolgte eine komplette Umgestaltung, in deren Rahmen sowohl der Turm als auch die Seitenmauern des Langschiffes erhöht und ein sechsteiliges Gratgewölbe errichtet wurde. Die barockisierte Kirche ist bis heute in weiten Bereichen erhalten und steht mittlerweile unter Denkmalschutz. Davon ausgenommen war die bislang letzte große Erweiterung aus dem Jahr 1974. Neben der Komplettrenovierung wurde damals die Kirche aus Platzmangel an der Südseite um einen einfachen, rechteckigen Raum mit offenem Dachstuhl erweitert. Dafür wurden zwei Seitenfelder des Langhauses entfernt und die Kirche zum Anbau hin geöffnet. Der tragende Pfeiler in der Mitte dieser Öffnung musste jedoch nicht nur aus statischen, sondern vor allem aus denkmalpflegerischen Gründen erhalten bleiben. Lange Zeit feierte man so die Messe: Die Gläubigen im Zubau, der Priester vor dem neuen Altar an der Nordseite des Langhauses – mit dem mächtigen Pfeiler als „natürliche“ Trennung dazwischen.

180-GRAD-DREHUNG

Im Zuge anstehender Sanierungsarbeiten wollte Dechant Friedrich Weingartmann als neuer Pfarrer von Paldau die unbefriedigende Raumlösung neu organisieren. In enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, der Kunst- und Liturgiekommission, dem bischöflichen Bauamt sowie den Mitgliedern des Pfarrgemeinderates, dem Wirtschaftsrat und dem Bauausschuss entwickelte der Grazer Architekt Alfred Bramberger eine mehr als unkonventionelle Neuausrichtung des Kircheninnenraumes: Die Gläubigen sitzen nun nicht mehr mit Blick in das mittelalterliche Langhaus, sondern mit dem Rücken zu diesem und sehen genau in die entgegen gesetzte Richtung. „Wir haben die Ausrichtung der Sitzreihen und des Altars um 180 Grad gedreht“, erklärt Alfred Bramberger. An die Stelle des ehemaligen Seiteneingangs im Zubau platzierte der Architekt den Altar. Dafür wurde der rechteckige Raum um eine halbrunde Apsis erweitert. Der ehemalige Seiteneingang an der Nordseite Langhaus, der rund 40 Jahre hinter dem Hauptalter verborgen lag, wurde wieder geöffnet und bildet mit seinem neuen Glasportal jetzt den Hauptzugang für die Gemeindemitglieder. „Mit wenigen, gezielten baulichen Maßnahmen haben wir die Raumatmosphäre vollständig verändert. Der Eingang, die Sitzreihen für die Gemeinde und der Altar befinden sich nun in einer Achse. Der mittelalterliche Bestand mit seiner barocken Umgestaltung wurde von nachträglichen Einbauten bereinigt, der Zubau aus den 1970-er Jahren um sehr einfache, archetypische Elemente erweitert – eine halbrunde Apsis für den Altar als Verlängerung des Anbaus und einen Korbbogen darüber, der in der Höhe an das barocke Gewölbe anschließt“, beschreibt Bramberger das Konzept der Neugestaltung.

GEWÖLBE AUS GIPS

Der Einbau der neuen Gewölbedecke stellt den größten baulichen Eingriff dar und verändert die Raumatmosphäre nachhaltig. Wo bis dato eine dunkle Holzdecke unter dem Dachgiebel auf dem Raum lastete, wölbt sich jetzt eine optisch annähernd halbkreisförmige, weiß gestrichene Tonne über die Sitzreihen und verleiht dem Raum optisch mehr Höhe. Verstärkt wird dieser Effekt durch die LED-Lichtbänder entlang der Gewölberänder, die die seitlichen Wandscheiben beleuchten und den Raum in ein transluzentes Licht tauchen. „Dabei sitzt diese als Korbbogen ausgebildete Konstruktion unter der ursprünglichen Decke, das heißt real haben wir die Raumhöhe sogar verringert“, erklärt Bramberger. „Die Konstruktion ist simpel: Zwischen den Pfetten wurden gebogene Leimbinder gespannt, auf die Aluminiumprofile aufgeschraubt sind“, beschreibt Franz Telser vom ausführenden Trockenbauunternehmen Telser aus dem steirischen Feldbach den Deckenaufbau. Als Verkleidung dienen Glasroc F Riflex Gipsplatten mit einer Dicke von 6 Millimetern, die sich dank Vliesarmierung einfach biegen lassen und perfekt an die Unterkonstruktion anschmiegen. Darüber hinaus zeichnen sich Riflex Platten durch ihre besonders glatte und ebene Oberfläche aus, die die Herstellung einer streiflichtfreien Gewölbeschale gewährleisten. 8,5 breit, 16 Meter lang ist der Raum darunter und für den Trockenbauer das bislang größte Gewölbe, das die Firma Trockenbau Ing. Franz Telser mit den biegsamen Gipsplatten ausgeführt hat. „Die Trockenbauer haben höchst präzise gearbeitet und eine perfekte Oberfläche hergestellt“, spricht Bramberger dem Ausführenden seine Anerkennung aus.

B a u s t e l l e n t a f e l

Projekt: Um- und Zubau Pfarrkirche Paldau
Bauherr: Pfarre Paldau, 8341 Paldau
Architekt: Bramberger Architects, 8020 Graz
RIGIPS Fachberatung: Manfred Krammer

(Ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

www.paldau.graz-seckau.at