Auszeit vom Alltag im Hotel von morgen

  • Abbildung 1
    Abbildung 1
    Einen Blick in das Hotelzimmer von morgen ermöglicht das Hotelkompetenzzentrum bei München. Auf knapp 1.000 Quadratmetern werden elf voll funktionsfähige Musterzimmer präsentiert. © Hotelkompetenzzentrum
  • Abbildung 2
    Abbildung 2
    Hotel ohne Gäste: Den typischen Hotelgast sucht man im Hotelkompetenzzentrum vergebens. Was man stattdessen findet, ist geballte Information. Neben neuen Tapeten, Möbeln, Lampen und Accessoires werden auch die unsichtbaren Aspekte wie Brandschutz oder Barrierefreiheit thematisiert. © Hotelkompetenzzentrum
  • Abbildung 3
    Abbildung 3
    Hotel ohne Gäste: Den typischen Hotelgast sucht man im Hotelkompetenzzentrum vergebens. Was man stattdessen findet, ist geballte Information. Neben neuen Tapeten, Möbeln, Lampen und Accessoires werden auch die unsichtbaren Aspekte wie Brandschutz oder Barrierefreiheit thematisiert. © Hotelkompetenzzentrum
  • Abbildung 4
    Abbildung 4
    Fitnessraum Salzburgerhof in Leogang/Salzburg www.salzburgerhof.eu Architekt: Baumeister Alfred & Nicole Wattl, W2 Manufaktur, www.w2manufaktur.at Ausführung: Höck Holzbau GmbH, www.hoeck-holzbau.at © Foto Augenblick
  • Abbildung 5
    Abbildung 5
    Fitnessraum Salzburgerhof in Leogang/Salzburg www.salzburgerhof.eu Architekt: Baumeister Alfred & Nicole Wattl, W2 Manufaktur, www.w2manufaktur.at Ausführung: Höck Holzbau GmbH, www.hoeck-holzbau.at © Foto Augenblick
  • Abbildung 6
    Abbildung 6
    Hotel Hubertus in Mellau/Vorarlberg www.hotel-hubertus.at Architekt: Johannes Kaufmann Architektur, www.jkarch.at Ausführung: Kaufmann Zimmerei und Tischlerei Gmbh, www.kaufmannzimmerei.at © Adolf Bereuter
  • Abbildung 7
    Abbildung 7
    Hotel Hubertus in Mellau/Vorarlberg www.hotel-hubertus.at Architekt: Johannes Kaufmann Architektur, www.jkarch.at Ausführung: Kaufmann Zimmerei und Tischlerei Gmbh, www.kaufmannzimmerei.at © Adolf Bereuter

In welche Richtung werden sich die Wünsche und Ansprüche der Hotelbesucher weiterentwickeln und welche Anforderungen entstehen daraus für die Entwickler von Hotelkonzepten und die Hotelbetreiber? Welchen Beitrag können die Planer leisten? Und: Macht Architektur wirklich Gäste?

Nur sieben Jahre beträgt die durchschnittliche Halbwertszeit eines Hotelzimmers. Danach sind Möbel und Interieur abgewohnt und das Design überholt – zumindest in der Drei-Sterne-Kategorie und darüber ist das so. Es muss saniert, renoviert, umgebaut und die Ausstattung den zeitgemäßen Vorstellungen von „Wohnen-auf-Zeit“ angepasst werden. Denn auch der Mitbewerb schläft nicht, und die Konkurrenz ist durch das Zusammenrücken der Destinationen dank günstiger Reisemöglichkeiten und Internet-Vergleichsportalen in den vergangenen Jahren deutlich härter geworden.

Denn lange vor dem eigentlichen Reiseantritt startet für die meisten Urlauber oder Geschäftsreisenden die virtuelle Reise im Internet. Das Internet hat die Preistransparenz zwischen den einzelnen Hotels wesentlich erhöht und macht darüber hinaus das Leistungs- und Angebotsspektrum sowie die Servicequalitäten der einzelnen Anbieter sicht- und vergleichbar. „Mit einem Anteil von ungefähr 43 Prozent haben Online-Buchungen die Buchungen im Reisebüro mit rund 37 Prozent überholt“, liest man auf der Service- und Partnerplattform „Hotel der Zukunft“, die der Fachverband Hotellerie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) gemeinsam mit dem Zukunftsinstitut Österreich ins Leben gerufen hat. Ebenso erfährt man dort, dass rund 58 Prozent der Reisenden Bewertungsplattformen oder Preisvergleichsseiten verwenden. Hotels von heute mit Service von gestern und Preisen von morgen haben da keine Chance mehr.

DEN TRENDS AUF DER SPUR

Welche Trends und Entwicklungen die Gestaltung von Hotels in Zukunft beeinflussen, ist Inhalt zahlreicher einschlägiger Untersuchungen und Studien. So veranstaltete „Hotel der Zukunft“ im vergangenen Juli bereits zum achten Mal ihr Zukunftssymposium, in dessen Rahmen regelmäßig aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für die Hotellerie identifiziert und diskutiert werden. „Destination Hideout“ lautete das diesjährige Motto, denn: „Die dauernde Erreichbarkeit via Handy, E-Mail, Social Media und Co. werden zur Belastung. 24-Stunden-Tage sind fast zu wenig, um Beruf, Familie und Freizeit entsprechend zu jonglieren. Dadurch erhält die Entschleunigung des Lebens einen neuen Stellenwert. Der Urlaub wird immer mehr zur Reise zum Ich. Rückzug, Selbstfindung, Ankommen. Das Hotel der Zukunft wird zur ‚Destination Hideout‘“, erklärt Matthias Koch, Geschäftsführer des Fachverbandes Hotellerie.

WIE IST ER DENN NUN – DER GAST DER ZUKUNFT?

Welche Ansprüche stellt der Gast an seine Unterkunft? Auch darauf weiß das Zukunftsinstitut eine Antwort: So wird beispielsweise der private und individuelle Spa-Bereich – vor allem bei Paaren – an Bedeutung gewinnen. Rund 40 Prozent der Hotels verzeichnen laut den Untersuchungen des Zukunftsinstituts hier eine steigende Nachfrage.

Auch die Kinder der Besucher werden noch mehr in den Fokus der Hotelbetreiber rücken, denn schon jetzt entscheiden beim Urlaub drei Viertel der Kinder mit, wohin die Reise gehen soll. Mit einem entsprechenden Angebot auch an die kleinsten Gäste sind Hotels gut beraten.

Rund 37 Prozent der Hotelgäste haben zudem wegen mangelnder Barrierefreiheit bereits auf eine Reise verzichtet bzw. sich für andere Hotels entschieden. 48 Prozent würden laut den Zukunftsforschern öfter verreisen, wenn es in diesem Bereich bessere Angebote gäbe.

Ein wesentlich besseres Service in puncto technischer Infrastruktur wünscht sich dahingegen die große Gruppe der Geschäftsreisenden. Weniger Geschäftsreisen und kürzere Aufenthaltsdauer stehen bei fast allen Unternehmen auf der Liste der Einsparungen. Hotels, die in diesem Bereich ein besseres Service anbieten, werden sich in Zukunft auch besser durchsetzen. Ganz oben auf der Wunschliste stehen bei den Geschäftsleuten ein WLAN-Zugang im Hotelzimmer, dazu gut erreichbare Steckdosen für die mobilen Endgeräte und ebenso ein entsprechender Arbeitsplatz mit guter Arbeitsplatzbeleuchtung. 75 Prozent der Geschäfts-reisenden sind mit dem derzeitigen Angebot nicht zufrieden.

Bleibt zuletzt noch die Gruppe der Best-Ager, sprich die Generation 50+. Radfahren und Nordic Walking stehen bei dieser Gruppe ganz oben auf der Wunschliste, wenn sie in Österreich Urlaub machen. Gleichzeitig wollen sie aber auch Neues erleben und ausprobieren. „Es geht in Zukunft nicht mehr nur darum, wohin die Gäste wollen, sondern welche Erfahrungen sie machen wollen“, so das Fazit der Zukunftswerkstatt. Die Trends für die Hotellerie von morgen sind auch im aktuellen Workbook „Hotel der Zukunft“ zusammengefasst, in dem die Autoren Thomas Huber, Harry Gatterer, Wolfgang Reiter und Hanni Rützler unter anderem zu dem Schluss kommen: „Der Gast der Zukunft ist kein Tourist mehr. Vielmehr geht es darum, den Gast als Nicht-Touristen – ja man könnte sagen als Mensch – wahrzunehmen.“

ERINNERUNGSDESIGN

"Room, Food, Style“, das sind die drei wesentlichen Komponenten, mit denen sich die Hoteliers in Zukunft noch intensiver auseinandersetzen müssen: Welche Räume bietet mein Hotel, und wie unterscheiden sich diese vom Rest? Welches Food-Konzept setzt mein Hotel um, und wie erzeugt es Gaumenfreuden? Welchen Stil setzt mein Hotel konsequent um, und wie bleibt dieser authentisch? „In Zukunft suchen die Gäste das Hotel nicht mehr nach Drei-,Vier- oder Fünf-Stern-Kategorie aus, sondern danach, ob es das Richtige für ihren persönlichen Bedarf bietet und ob das, was sie dort tun wollen, auch möglich ist. Die Hotels müssen sich intensiv mit sich selbst auseinandersetzen. Das heißt herausfinden, was kann ich? Was will ich? Was kann ich anbieten und auf Dauer aufrechterhalten? Das ist wichtiger denn je, wenn es darum geht, ein Hotelkonzept zu entwickeln“, lautet der Rat von Gatterer.

Dazu gehört natürlich auch der Raum – sprich die Architektur. Diese legt den Grundstein für jedes Konzept und muss gleichzeitig damit im Einklang stehen. Wenn das Konzept die Software eines Hotels darstellt, dann sind Räume die dazugehörige Hardware. Und diese kostet Geld: Rund drei Milliarden Euro haben die österreichischen Hoteliers laut Österreichischer Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) beispielsweise alleine im Jahr 2010 investiert. In Zukunft müssen Räume mit neuen Konzepten aufgefrischt werden, Wellnessanlagen alleine sind zu wenig. Räume müssen mit zentralen Aufmerksamkeitsquellen – beispielsweise in Form von Essen und Trinken – verknüpft werden. Nur so schafft man es, Erinnerungen zu erzeugen, die sich ins Langzeitgedächtnis der Gäste einprägen. Gatterer spricht in diesem Zusammenhang vom Hotelier als „Erinnerungsdesigner“.

HOTEL OHNE GÄSTE

Wie all diese Anforderungen, mit denen Hotels in Zukunft konfrontiert sind, in der Realität aussehen, zeigt das vor drei Jahren gegründete Hotelkompetenzzentrum in Oberschleißheim bei München. Hier präsentieren sich namhafte Zulieferer mit Produkten und Dienstleistungen in Form einer permanenten Hotelausstellung.

Vor kurzem eröffnete hier auch das „Hotel ohne Gäste“ – ein europaweit bislang einzigartiges Showhotel. Auf knapp 1.000 Quadratmetern werden in der Muster-Etage elf unterschiedliche Zimmertypen präsentiert – vom Drei-Sterne-Komfort-Zimmer bis zur Luxussuite in der Fünf-Sterne-Superior-Kategorie, dazu ein großer Empfangs- und Lobbybereich sowie eine Bar und eine Kaffeezone. Bei der baulichen Umsetzung der hochwertigen Ausstellungsfläche wurde das Hotelkompetenzzentrum von der Saint-Gobain Gruppe als Premiumpartner unterstützt.

Für die Planung zeichnet das Hamburger Ate-lier JOI-Design verantwortlich, dass sich auf die Konzeption und Gestaltung von Hotels spezialisiert hat. „Wir wollen nicht nur erklären, was optisch und konzeptionell möglich ist, sondern das Zusammenspiel von Ideen, Technik und Service auch konkret demonstrieren“, erläutert Christian Peter, Gründer und Geschäftsführer des Hotelkompetenzzentrums. Denn obwohl in diesem Hotel niemals jemand übernachten wird, ist alles voll funktionsfähig. „Anders als bei Fachmessen können unsere Besucher beispielsweise testen, ob eine Armatur zum Waschtisch passt oder ob man sich damit nassspritzt“, weiß Peter Joehnk, Geschäftsführer von JOI-Design.

Mit dem Hotel ohne Gäste erweitert sich auch das Angebot und die Zahl der vertretenen Firmen von derzeit knapp 200 auf über 300. Neben Tapeten, Möbeln, Lampen und dergleichen, werden im laufenden Hotelbetrieb auch die unsichtbaren Aspekte wie Brandschutz, Barrierefreiheit oder Sicherheit ins Gesamtkonzept integriert.

ARCHITEKTUR MACHT GÄSTE

Bevor es jedoch ans Interieur geht, braucht es den entsprechenden Rahmen. Trotz – laut ÖHT im Vergleich mit anderen Branchen – geringerer Eigen-kapitalquote zeigen sich die heimischen Hoteliers in puncto Architektur investitionsfreudig. „Architektonisch anspruchsvoll, wirtschaftlich effizient, kurzfristig umsetzbar“, das sind bei allen baulichen Maßnahmen – egal ob Sanierung, Komplettumbau, Erweiterung oder Neubau – die wesentlichen Herausforderungen, mit denen sich Planer und Ausführende konfrontiert sehen. Denn gebaut werden soll in der Regel nur außerhalb der Saison! „Im touristischen Bereich müssen alle baulichen Maßnahmen in kürzestmöglicher Zeit durchgeführt werden. Wenn die Wanderer schon weg, die Schifahrer aber noch nicht da sind, wenn die Wintergäste nicht mehr kommen, aber die Sommergäste noch auf sich warten lassen. In der Praxis bedeutet das Umbauzeiten von lediglich sechs bis acht Wochen – das ist knapp“, weiß Monika Döll, Präsidentin von BAU.GENIAL, jener Plattform, die sich die Forcierung des Leichtbaus in Österreich zum Ziel gesetzt hat.

Für ein derartig hohes Anforderungsprofil ist der (Holz)Leichtbau in Kombination mit trockenem Innenausbau geradezu prädestiniert. Der hohe Vorfertigungsgrad, die Vermeidung langer Trock-nungs-zeiten, schlanke Konstruktionen bei hohem Dämmvermögen, geringes Eigengewicht, ein angenehmes Raumklima, effektiver Schallschutz und nicht zuletzt die nachhaltige Bauweise sprechen für den Einsatz von Leichtbaukonstruktionen in der Hotellerie. Vor diesem Hintergrund hat BAU.GENIAL seinen ersten Architekturpreis der heimischen Hotelarchitektur gewidmet und nach Hotelprojekten in Holz- oder Holzmischbauweise gesucht. Ende Oktober fand die Preisverleihung statt, in deren Rahmen drei Preisträger ausgezeichnet wurden: Das Hotel Hubertus im Vorarlberger Mellau wurde von der Jury zum Siegerprojekt gekürt. Platz zwei ging an den neu errichteten Fitnessraum des Salzburgerhof in Leogang und den dritten Platz konnte der Neubau des See-Spa des Bio-Vitalhotels Weissenseerhof am Kärtner Weissensee für sich beanspruchen.

Â