Vorzeigeprojekt für nachhaltiges Bauen
Die neue Zentrale des Traditionsunternehmens i+R Gruppe ist ein Vorzeigeprojekt für nachhaltige Büroarchitektur in Österreich. Die Ziele, die sich der Bauprofi bei der Realisierung des eigÂÂenen Firmensitzes gesteckt hat, waren ambitioniert. Als erstes Firmengebäude Österreichs hat die neue Unternehmenszentrale eine LEED-Zertifizierung in Platin erhalten – und das in der Königsklasse „New Construction“, die sowohl das Gesamtbauwerk als auch den Innenausbau umfasst.
Die neue i+R Unternehmenszentrale vereint die einzelnen Unternehmen der i+R Gruppe unter einem Dach und sollte dabei die flache Hierarchie, die typisch für den Führungsstil ist, auch nach außen tragen. Gleichzeitig war den Bauherren auch die Einbettung des Gebäudes in das Firmenumfeld mit eigenem Baulogistikzentrum und Maschinenpark wichtig. Für die planerische Umsetzung wurde das Team von Dietrich | Untertrifaller verpflichtet.
Die Anforderungen sowohl an die Planung als auch an die Bauausführung vonseiten der Geschäftsleitung waren extrem hoch. So galt es nicht nur die höchsten Ansprüche an die Verwendung nachhaltiger Baumaterialien und im Hinblick auf die Bauökologie zu erfüllen. Eine innovative Energieversorgung war ebenso gefordert wie ein qualitätsvolles Raum- und Arbeitsklima für die rund 150 Büroarbeitsplätze im Haus. „Unser Anspruch bei der neuen Unternehmenszentrale war in erster Linie, ein bestmögliches Umfeld für unsere Mitarbeiter zu schaffen“, betont i+R Geschäftsführer Reinhard Schertler. „Hohe Qualität bei Raumklima, Akustik und Energieeffizienz war für uns selbstverständlich“, so Schertler weiter.
Dietrich | Untertrifaller setzten das Gebäude so um, dass sich die Arbeit und Qualitäten der i+R Gruppe in einem zeitgemäßen Musterbau bestmöglich widerspiegeln. So wurden bei Errichtung und Innenausbau nachwachsenden, regionalen und recyclebaren Rohstoffen der Vorzug gegeben. Konkret bedeutet das beispielsweise, dass im Inneren des Gebäudes ehemalige Fischernetze zum Bodenbelag umgearbeitet wurden. Weiters kamen beim Bau vorrangig firmeneigene Produkte ÂÂÂÂzur Anwendung, wie z. B. Beton für die statisch tragenden Bauteile oder Holz zur Ausfachung und Holzfenster für die Hülle. An der Südseite wurde die gesamte Gebäudefront mit einem Raster aus stehenden und liegenden Elementen versehen. Der sogenannte „Brise soleil“ verleiht dem Baukörper nicht nur sein typisches und unverwechselbares Erscheinungsbild, sondern übernimmt auch die Sonnenschutzfunktion. Der Wunsch nach maximaler Transparenz findet sich in den versetzten Lufträumen und der dahinterliegenden durchgehend verglasten Fassade wieder.
Musterbau in jeder Hinsicht
„Kurzatmige Flächeneffizienzsteigerung ist für das über 110 Jahre alte Familienunternehmen kein Thema. Unter dem Motto ‚Wir bauen die Zukunft‘ stellt das traditionsreiche Bauunternehmen mit dem Bürokomplex seine Baukompetenz unter Beweis“, heißt es vonseiten der Architekten. Im Inneren geht es dabei darum, für die besten Köpfe auch die besten Arbeitsplätze bereit zu stellen. Dank der modularen Bauweise bietet der Baukörper auf vier Geschoßen und mit variablen Büroflächen auf einer Nutzfläche von rund 3.300 Quadratmetern ausreichend Platz für bis zu 150 Mitarbeiter.
Die Außenwände wurden in Form von Holzriegelwänden errichtet und sind an den Innenseiten mit Gipsplatten bekleidet. Auch die nicht-tragenden Zwischenwände und abgehängten Decken sind in Trockenbauweise ausgeführt. Der natürliche Baustoff Gips trägt dabei einerseits zur Verbesserung des Raumklimas bei, und erfüllt gleichzeitig den Anspruch, vorwiegend natürliche bzw. naturnahe Baumaterialien zu verwenden. Aus Sicherheitsgründen wurden alle Stahlsäulen mit Formteilen aus Rigips Glasroc F Ridurit bekleidet, um so auch die hohen Anforderungen an den Brandschutz zu erfüllen.
Innovation am Bau
Realisiert wurde ein Bürokomplex, der den Grenzwert in Bezug auf den Heizwärmebedarf eines Passivhauses mit neun Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr deutlich unterschreitet. Gedeckt wird der Energiedarf für Heizung und Kühlung durch Erdwärme. Den Strom für die hoch-effiziente Wärmepumpe liefert die hauseigene Photovoltaikanlage mit einer Leistung von rund 200 Kilowattstunden. Im Sommer wird das Haus mittels Free Cooling auf angenehmer Betriebstemperatur gehalten. Für den Temperaturausgleich sorgen die Erdsonden, die im Sommer ohne Wärmepumpe und damit ohne zusätzlichen Energiebedarf betrieben werden können. Durch die gezielte Optimierung kann der Energiebedarf zu nahezu 100 Prozent mit Biostrom aus eigener Erzeugung gedeckt werden, womit das Gebäude praktisch energieautark ist.
Intelligente Steuerungstechnik
Dazu leistet unter anderem die energieeffiziente Gebäudeleittechnik einen wesentlichen Beitrag. Sie steuert Licht, Temperatur und Lüftung in den Büros automatisch und senkt damit den Energieverbrauch deutlich. Dazu trägt auch das Brise soleil bei, der vorgelagerte Sonnenbrecher an der Süd-seite, sowie ein automatisch gesteuerter Sonnen- und Blendschutz. Darüber hinaus wird im gesamten Gebäude natürliches Sonnenlicht für die Beleuchtung genutzt.
Mit LED-Systemen konnte der Energieverbrauch für die Beleuchtung um rund 70 Prozent gesenkt werden. Intelligente Steuerungstechnik registriert die Lichtveränderungen im Raum: Ist es zu dunkel oder zu hell, wird die Beleuchtung langsam und für das menschliche Auge kaum wahrnehmbar angepasst. Trotz des hohen Automatisierungsgrades kann sich jeder Mitarbeiter sein eigenes „Wohlfühlklima“ schaffen. Denn sowohl Temperatur als auch die Lichtintensität und Sonneneinstrahlung kann jeder individuell steuern.
Know-how im eigenen Haus
Als erstes Firmengebäude in Österreich hat die i+R Unternehmenszentrale mit Platin die höchste Auszeichnung im Segment „New Construction“ (Gesamtbauwerk inklusive Innenausbau) im Zuge der LEED-Zertifizierung erhalten. Neben den ökologischen und ökonomischen Aspekten wurden dabei auch die sozio-kulturellen Kriterien sowie die Standortqualität und technische Innovation in Planung und Ausführung bewertet.
„Bei den hohen Anforderungen, die wir uns ohnehin selbst gestellt hatten, war die Zertifizierung im Bereich „New Construction“ eine logische Konsequenz“, so Schertler. Ein effizientes Energiesystem, der Einsatz erneuerbarer Energien, die Gebäudeleittechnik und die hohe Arbeitsplatzqualität wussten den Zertifizierungsausschuss zu überzeugen.
„Ausschlaggebend für die hohe Bewertung war neben dem Engagement des Bauherrn auch die große fachliche Qualität und Erfahrung der i+R Gruppe, die in die Planung und Ausführung des Gebäudes eingebracht wurden“, erklärt Jens Goggler, Geschäftsführer der Forschungsgesellschaft ATP sustain, die für die LEED-Zertifizierung des Gebäudes verantwortlich zeichnet.
Rund 70 Prozent der Bauleistungen konnte von der Lauteracher i+R Gruppe selbst erbracht werden. LEED-Zertifizierung LEED steht für Leadership in Energy and Environmental Design (Führerschaft in energie- und umwelt- gerechter Planung). LEED ist ein System zur Klassifizierung des ökologischen Gebäude-standards. Es wurde vom US-amerikanischen Green Building Council im Jahr 1998 entwickelt und definiert eine Reihe von Standards für umweltfreundliches, ressourcenschonendes und nachhaltiges Bauen.
Fakten | Â |
Unternehmenszentrale i+R Gruppe J. Schertler-Str. 1, 6923 Lauterach  |  |
 Bauherr: |  i+R Gruppe, Lauterach  |
Architektur:Â | Â Dietrich | Untertrifaller, Bregenz |
Projektleitung: | H. Walker  |
 Trockenbau:  | Silva Dominguez Trockenbau OG, Bregenz |
Statik:Â | Mader Flatz, Bregenz |
Haustechnik:Â | gmi, Dornbirn |
Elektrotechnik:Â | Lingg, Schoppernau |
Bauphysik: | Künz, Hard |
Landschaftsplanung:Â | Rotzler Krebs, Winterthur |
 Baubeginn: | 2011-2012 |
Nutzfläche: |  3.300 m2 (ohne Tiefgarage) |
Ökologie: |  Leed Platin Zertifizierung |
Baukosten: | ca. 8 Mio. Euro |
Auszeichnungen: |
2013 LEED Platin 2013Â Â BTV-Bauherrenpreis 2015Â Nominierung zum Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit, 2. Platz |