Wiederbelebung einer Architekturikone

  • Repräsentative Eingangszone:
    Repräsentative Eingangszone:
    Der neu errichtete gläserne Pavillon fügt sich nahtlos in den Art-déco-Stil des Bestandsgebäudes ein.© Â© Adam Parker
  • Rund 23 Tonnen Stahl und über 250 Quadratmeter Isolierglasscheiben schaffen ein lichtdurchflutetes Foyer, welches das Gebäude an die Strand-Promenade anbindet.© Â© Adam Parker
  • Ãœber 50 neue Ganzglastüren und raumhohe Fixverglasungen sorgen für fließende Ãœbergänge zwischen den öffentlichen Bereichen und den Büroflächen und garantieren im Ernstfall die Abschottung der unterschiedlichen Brandab­schnitte im Gebäude.© Â© Adam Parker
  • Neuer Zugang:
    Neuer Zugang:
    Der tonnengewölbte Durchgang mündet in einen neu gestalteten Innenhof und führt direkt zum gläsernen Eingangspavillon.© Â© Andrew Merdith
  • © Â© Andrew Merdith
  • Die hochwertige Sanierung und der stilgetreue Einbau neuer Architekturelemente machen das 80 Strand heute wieder zu einer begehrten Büroadresse.© Â© Andrew Merdith
  • Stahl, Glas und Stein sind die prägenden Gestaltungselemente, die PDP und das Interieur-Studio Carter Owers eingesetzt haben.©  © Andrew Merdith
  • © Â© Andrew Merdith

Direkt am Ufer der Themse gelegen und in unmittelbarer Nachbarschaft zu Covent Garden, zählt der ehemalige Hauptsitz von Shell und British Petroleum (BP) nach der umfassenden Sanierung und Erweiterung wieder zu den begehrtesten Büroadressen des Landes.  

Im Jahr 2022 wurde die Erweiterung und umfassende Sanierung des denkmalgeschützten Art-déco-Gebäudes „Shell-Mex House“ in London fertiggestellt. Das Londoner Architekturbüro Studio PDP hat für den Auftraggeber und Immobilienentwickler Strandbrook den mehr oder weniger abgewohnten Bürokomplex wieder auf einen zeitgemäßen Standard gebracht, der den hohen Ansprüchen im dicht besetzten Londoner Immobilienmarkt gerecht wird. Die neue Bezeichnung „80 Strand“ des mondänen Bürokomplexes mit Jugendstilcharme ist der Post­adresse Strand an der Themse entlehnt. 

Repräsentativer Zugang

Entworfen und errichtet wurde das Gebäude in den frühen 1930er Jahren von dem Architekten Milton Cashmore vom Architekturbüro Messrs Joseph. Bis ins Jahr 2020 war es das Hauptquartier von Shell-Mex und British Petroleum. An seiner der Themse zugewandten Südfassade besitzt das Bauwerk eine Turmuhr, die sich über knapp drei Etagen erstreckt und über das größte Ziffernblatt in ganz Großbritannien verfügt, was es zu einem weithin sichtbaren Wahrzeichen für die Stadt macht. Obwohl direkt an der Themse gelegen, hatte das Gebäude ursprünglich keinen direkten Zugang zur Strand-Promenade, sondern lag hinter dem ehemaligen Hotel Cecil und war nur durch einen Torbogen und langen Arkadengang zugänglich. Erst mit der Errichtung des neuen Hauptsitzes von Shell und BP wurde die Rückseite des Hotels abgerissen und schaffte Platz für einen adäquaten Zugang zu dem rund 15 000 Quadratmeter Nutzfläche umfassenden Gebäude. Die Eingangs- und öffentlichen Bereiche wurden umfassend erweitert und vollständig umgestaltet, um einerseits einen direkten Zugang zur Uferpromenade und zum innerstädtischen Naherholungsgebiet Covent Garden und auf der anderen Seite eine repräsentative Eingangssituation zu schaffen. 

Pavillon aus Glas und Stahl

Für die Planung zeichnen Architekt Duncan Mitchell vom Studio PDP sowie der Statiker Simon Bennett verantwortlich. Eines der auffälligsten Highlights ihrer baulichen Erweiterungen ist der neue gläserne Eingangspavillon, der durch den neu geschaffenen Zugang in einem Tonnengewölbe hinter dem straßenseitigen Torbogen sichtbar ist und die Menschen in den lichtdurchfluteten Innenhof zieht. Besucher, die von der Strand-Promenade herkommen, betreten nun das Gebäude über den Pavillon aus Glas und Stahl, der sich gestalterisch so harmonisch in die denkmalgeschützte Bausubstanz einfügt, als wäre er schon immer dagewesen. Insgesamt 23 Tonnen Stahl und über 250 Quadratmeter Isolierglasscheiben wurden bei der Errichtung des Pavillons verbaut.

Der Innenhof selbst wurde neu bepflanzt und mit einem Wasserspiel revitalisiert, so dass er zum ersten Mal in der Geschichte des Gebäudes zum Verweilen einlädt. Der Pavillon fügt sich respektvoll in die bestehende Struktur ein und setzt gleichzeitig einen modernen Akzent, der an die Architektur des frühen 20. Jahrhunderts erinnert. Die verglaste Kuppel des Pavillon-Dachgewölbes bildet mit ihrer Stahlkon­struktion und dem großen zentralen Kronleuchter ein Rautenmuster, das auf die Art-déco-Elemente und Motive im Inneren des Gebäudes anspielt.

Repräsentative Eingangszone

Besonderes Augenmerk wurde daraufgelegt, den Verkehrsfluss im Gebäude für die Benutzer und Besucher zu optimieren, um die hohe Besucher- und Nutzerfrequenz während der Stoßzeiten reibungslos zu bewältigen. An der Eingangsfassade befinden sich fünf Zugänge, darunter drei beeindruckende Karusselltüren mit einer Höhe von knapp viereinhalb ­Metern. Diese führen zum Empfangsbereich, einer Aufzugslobby und dem Innenhof, die nahtlos ins ­Gebäude übergehen und den Zugang auf der Embankment-Ebene herstellen. Die früher eher abweisenden und institutionellen Eingangsbereiche erstrahlen nun in modernem Luxus mit hochwertigen Materialien und Oberflächen.

Der vollverglaste Eingangspavillon, dessen Innenraum in Zusammenarbeit vom renommierten Interieur-Studio Carter Owers gestaltet wurde, eröffnet eine Reihe von doppelt so hohen Empfangsräumen, die den Besuchern ein Gefühl von Größe und Erhabenheit vermitteln sollen. Zu den Designelementen gehören wellenförmige Messingschirme und eine detailreiche Empfangstheke aus Stein und Glas, die dem Raum ein frisches, modernes Flair verleihen und gleichzeitig einen klaren Bezug zu dem Erbe des Gebäudes aus den 1930er Jahren herstellen.

Hinter dem Eingangspavillon befinden sich stilvolle Lounges, die als Treffpunkt fungieren, an denen sich Menschen austauschen, entspannen und flexibel arbeiten können. Hochwertige polierte Stuckverkleidungen, dekorative Metallarbeiten, restaurierte Steinwände sowie geometrische Wand- und Deckenleuchten aus Glas und Bronze betonen die ästhetische Gestaltung. Der angrenzende Konferenzraum ermöglicht formelle Besprechungen und dient gleichzeitig als buchbarer Veranstaltungsraum für die angesiedelten Firmen und externe Veranstalter. Diese Bereiche wurden bewusst so gestaltet, dass sie einen berührungsfreien Zugang bzw. Ausgang bieten, was es den Nutzern ermöglicht, das Gebäude zu betreten und zu den Büroetagen zu gelangen, ohne Oberflächen berühren zu müssen – ein bedeutender Aspekt in der Zeit nach Covid.

Stilsichere Kombination aus Alt und Neu

Hinter diesen öffentlichen Bereichen befindet sich ein neues Café. Eine abgerundete Steintheke an einer der Seitenwände des Raums fungiert als Theke für Kaffee und Gebäck, während maßgeschneiderte Sitzbänke den Besuchern Platz bieten, um dort zu arbeiten oder einander zu treffen. Reliefplatten aus poliertem Gips flankieren die Wände des historischen Gebäudes und verankern das Café in einer ansonsten durchlässigen Zone zwischen der Aufzugslobby und dem Zugang zur Embankment-Ebene. Diese modernen Einrichtungen fügen sich nahtlos in die historischen Räumlichkeiten ein.

Im Zentrum des Gebäudes wurde ein zweiter Lichthof gestaltet: der „Glasshouse Garden“. Dieser elegante, landschaftlich gestaltete Rückzugsort ist das Herzstück der Umgestaltung von 80 Strand und enthält Anbauten im Stil eines Wintergartens mit Sitz-, Ess- und Besprechungsbereichen. Organisches Design und eine üppige Bepflanzung mit vertikaler Begrünung fördern das Wohlbefinden. Das Atrium stellt einen hellen gemeinschaftlichen Bereich dar, der sowohl von Mitarbeitern als auch von Gästen genutzt werden kann. In Zusammenarbeit mit den Statikern wurde dieser einzigartige Raum geschaffen, indem die Bodenplatten tiefergelegt und die Haustechnik angepasst wurde, um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen, der diesen Lichtschacht nach 90 Jahren wieder für die Nutzer des Gebäudes zugänglich macht. Dieser neue Raum stellt auch die Verbindung zwischen dem Eingang am Embankment und dem höher gelegenen Strand-Eingang her.

Konstruktion sichtbar gemacht

Neben der Neugestaltung der öffentlichen Bereiche umfasst das Projekt auch die umfassende Renovierung der Büroetagen mit insgesamt rund 15 000 Quadratmetern Bürofläche, die mit einer Belegung von einer Person pro 8 Quadratmetern konkurrenzfähig ist mit den besten Angeboten auf dem Londoner Büromarkt. Die offenen Innenräume wurden bis auf die Stahlsäulen entkernt. Die genieteten Säulen, die von der ursprünglichen Bauweise zeugen, werden nun gestalterisch inszeniert und nicht mehr ­hinter weißen Wänden versteckt. Die freiliegenden Installationen ergänzen die vorhandene Bausubstanz und setzen die ursprünglichen Decken in Szene, während gleichzeitig eine elegante und minimalistische Installation für die modernen Lüftungs-, Heizungs- und Kühlsysteme geschaffen wurde. Zusätzlich wurde eine Sekundärverglasung zur Verbesserung der Raumqualität in diesen Etagen eingebaut.

Glas als Hauptakteur der Umgestaltung

Glas in allen seinen Facetten spielt eine der Haupt­rollen bei der Umgestaltung und ist im gesamten Gebäude allgegenwärtig. Einer der gestalterischen Eckpfeiler ist der neue Glaspavillon, der nicht nur deutlich mehr Fläche im Empfangsbereich schafft, sondern auch das Gebäude Richtung „Strand“ anbindet.

In den neu gestalteten Büroetagen wurden ins-gesamt fünfzig neue Brandschutz-Ganzglastüren LUNAX®PORTA von Vetrotech. Diese rahmenlosen Ganzglastüren entsprechen dem von den Architekten angestrebten offenen Raumcharakter, schaffen eine optische Einheit zwischen den einzelnen Raumabschnitten und verbinden Gebäudeteile unterschiedlicher Nutzung miteinander, ohne Einschränkungen hinsichtlich des Brandschutzes. Die Brandschutz-Ganzglastür LUNAX®PORTA von Vetrotech ist eine Pendeltür, die durch ihr minimalistisches, zurückhaltendes Design besticht und gerade deshalb eine ideale Lösung für Renovierungsprojekte bietet. Sie stellt den Brandschutz äußerst diskret sicher und fügt sich nahtlos vor allem in offene Raumkonzepte ein. Dabei ermöglicht das symmetrische Design der Pendeltür mit integriertem Bodenschließer ein komfortables Öffnen der Tür in beide Richtungen.

Um möglichst viel Durchlässigkeit, vor allem aber um maximalen Lichteinfall zu gewährleisten, wurden zahlreiche Fixverglasungen in den sanierten Gebäudeteilen installiert. Hierbei kamen die Vetrotech CONTRAFLAM®Structure  zum Einsatz, die maximale Lichtdurchlässigkeit mit höchster Sicherheit in Bezug auf den Brandschutz sicherstellen. Mit dem raumhohen Verglasungssystem mit transparenten Brandschutzgläsern lassen sich durchgehende Glaswände realisieren, die vollständig ohne vertikale Profile auskommen und nur mit Silikonfugen verbunden sind. Um optische Harmonie mit den historischen Elementen zu schaffen, wurden im 80 Strand über den Stoßfugen kleine Zierleisten angebracht, so dass die Schutzglaselemente so wirken, als wären sie vollständig eingerahmt. Die Ganzglaselemente sind aus gehärtetem Glas gefertigt und erfüllen nicht nur die Anforderungen von Trennwänden, sondern zeichnen sich gleichzeitig durch ihre hohen Stoß- und Zugbelastungen aus.

Architektur für die Menschen

Von außen betrachtet wirkt das ikonische Art-déco-Gebäude, das die Skyline am Londoner Flussufer prägt, nach wie vor sehr massiv, womit die ursprüngliche Designabsicht von Solidität und Beständigkeit klar erkennbar ist. Aus der Nähe betrachtet offenbart sich, dass der Ansatz der „Anpassung und Umnutzung“ dieses denkmalgeschützte Gebäude für das einundzwanzigste Jahrhundert transformiert hat: Es ist auf die Bedürfnisse der Menschen, auf Nutzerkomfort und Wohlbefinden ausgerichtet.  

FAKTEN:

80 Strand (ehemals Shell-Mex House)
80 Strand, London | Vereinigtes Königreich

Bauherr: Strandbrook Ltd., London
Architektur: Studio PDP, London
Chefplaner: Duncan Mitchell, PDP, London
Statik: Civic Engineers, Simon Bennett, London   
Lichtdesign: Speirs Major, London 
Innenarchitektur: Studio PDP, London | Carter Owers Studio, London
Bauunternehmen: Sir Robert McAlpine, London

Baubeginn: 2020
Fertigstellung: 2022
Sanierte Bürofläche: 15 000 m²