Museum of the Future: Das schönste Gebäude der Welt

  • Museum of the Future
    Museum of the Future
    © https://museumofthefuture.ae
  • Das Museum der Zukunft in Dubai ist das einzige Gebäude der Welt, das vollständig mit arabischer Kalligraphie bedeckt ist.© Foto: Lyonerov
  • Detailskizzen der Fassade
    Detailskizzen der Fassade
    © Architekturbüro Killa Design
  • Detailskizzen der Konstruktion und der Fassade des Museumsgebäudes
    Detailskizzen der Konstruktion und der Fassade des Museumsgebäudes
    © Architekturbüro Killa Design
  • Blick in die Spindel der Treppenkonstruktion der zweiläufigen Wendeltreppe, die sich vom Atrium in die oberen Etagen schraubt.© https://museumofthefuture.ae
  • In den sieben Etagen des Torus findet neben den Ausstellungs- und Verwaltungsflächen, einem Restaurant und einem Café im obersten und der Lobby im Erdgeschoß auch ein Auditorium mit über 400 Sitzmöglichkeiten Platz.© Foto: Fritz John Asuror
  • Die Architekten von Killa Design stellten den rund 77 Meter hohen Torus des Museums auf einen begrünten Hügel direkt an Dubais wichtigste Hauptstraße, die Sheick Zayed Road, unmittelbar vor die beiden über 300 Meter hohen Emirates-Hochhäuser. © Foto: AHMAD ANNAJI
  • Detailskizze der Fassade und bauliche Umsetzung im Innenraum: Die gesamte Innenschale ist als eigenständig tragende Konstruktion in Trockenbauweise ausgeführt, wobei die Kalligraphie auch im Inneren zu „lesen“ bzw. zu sehen ist. © Foto: Fritz John Asuro. Skizze: Architekturbüro Killa Design
  • INSCHRIFT auf der Fassade:
    INSCHRIFT auf der Fassade:
    „Wir leben vielleicht nicht Hunderte von Jahren, aber das Ergebnis unserer Kreativität kann ein Vermächtnis hinterlassen, lange nachdem wir gestorben sind. Die Zukunft gehört denen, die sie sich vorstellen, die sie entwerfen und umsetzen können. Die Zukunft wartet nicht. Die Zukunft ist nicht etwas, das man erwartet, sondern etwas, das man erschafft. Innovation ist kein intellektueller Luxus. Sie ist das Geheimnis hinter der Entwicklung und Verjüngung von Nationen und Menschen.” Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum© Foto: Andrey Filippov

Mit gerade einmal 77 Metern ist das „Museum der Zukunft“ in seiner Höhenentwicklung für arabische Verhältnisse sogar vergleichsweise bescheiden. In puncto Design und Bautechnik jedoch setzt es neue Maßstäbe und reiht sich mühelos in die Liste der arabischen Architektur-Superlativen ein. Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum hat dem neuen Wahrzeichen schon jetzt einen neuen Titel verliehen und bezeichnet es schlichtweg als das „schönste Gebäude der Welt“.   

Wo bis vor wenigen Jahrzehnten eine kleine Fischersiedlung am Rande der arabischen Wüste inmitten von Sand und Dünen lag, entstand seit Beginn der 1970er Jahre eine der am schnellsten wachsenden urbanen Regionen der Welt. Heute ist Dubai-City nicht nur Inbegriff von Luxus und Reichtum, sondern auch eine Hightech-Metropole und eine Stadt der architektonischen Superlativen.

Auf Initiative von Abu Dhabi und Dubai schlossen sich nach dem Rückzug Großbritanniens aus dem Persischen Golf in den Jahren 1971/72 vorerst sechs, dann sieben Scheichtümer zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zusammen. Infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs auf Grundlage der enormen Erdölvorkommen wurde Dubai-City gehörig erweitert und innerhalb der vergangenen vier Jahrzehnte zur bedeutendsten Brückenstadt zwischen Ost und West ausgebaut. Der Masterplan umfasste nicht nur die Errichtung von Wohn- und Industrievierteln sowie die Errichtung von Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, sondern auch umfangreiche Infrastrukturmaßnahmen wie den Bau von Straßen, Tunneln und Brücken ebenso wie die Errichtung von Meer-entsalzungsanlagen, um die rasch wachsende Bevölkerung mit ausreichend Wasser zu versorgen. 

Spektakuläre Architektur

Der jahrzehntelange Bauboom machte Dubai zu der Stadt mit der weltweit höchsten Anzahl an Wolkenkratzern mit über 300 Metern Bauhöhe. Mit dem im Jahr 2015 errichteten Burj Khalifa ist Dubai auch Heimstätte des derzeit höchsten Gebäudes der Welt(geschichte), das sich 828 Meter hoch in die Vertikale streckt. Mit dem Burj Al Arab (Turm der Araber) verfügt Dubai über eines der höchsten und luxuriösesten Hotels der Welt, das mit seiner textilen Membranfassade als riesige bespielbare Leinwand auf einer künstlich angeschütteten Insel vor der Küste auf Jumeirah Beach, einen der teuersten Strände der Welt, blickt. Die künstlich im Meer angelegten Palm Islands oder der spiralförmige Infinity Tower zählen wohl zu den weltweit spektakulärsten Bauprojekten der jüngeren Geschichte.

In diesem auf Sensation getrimmten baulichen Umfeld fällt es schwer, architektonisch aus der Reihe zu tanzen. Nicht weniger beinhaltete allerdings der Auftrag der Bauherrin, der Dubai Future Foundation, an das Architektenteam von Killa Design. Es sollte ein Gebäude werden, das futuristisch und atemberaubend aussieht, die Grenzen zwischen Entwurfsidee und baulicher Machbarkeit ausreizt und dabei gleichzeitig den Anforderungen der Nachhaltigkeit entspricht. So war unter anderem auch Vorgabe, dass das Gebäude eine LEED-Zertifizierung in Platin erhält. Damit soll das Zukunftsmuseum auch architektonisch ein Zeichen in Richtung Zukunft setzen und seinen Beitrag beim Wandel zur Smart City leisten.  

Auf dem Weg zur Smart City

Heute gilt Dubai als eine der modernsten Städte der Welt, als nächster Schritt soll der urbane Umbau zur Smart City folgen. Die Digitalisierung vieler städtischer und infrastruktureller Bereiche ist voll im Gange – vom klimaneutralen und führerlosen Nahverkehr über elektrobetriebene Drohnen-Taxis, bei denen der Fahrgast in einer Höhe von bis zu 300 Metern führerlos durch die Stadt fliegt, bis hin zu Polizeirobotern. Auf diese Weise soll die Effizienz des urbanen Betriebs und der städtischen Dienstleistungen verbessert und die Lebensqualität hinsichtlich wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Aspekte der Bewohner sichergestellt werden. Im internationalen „Smart City Index 2021“ wurde Dubai gemeinsam mit Abu Dhabi als die „smarteste“ Stadt im Nahen ­Osten und Nordafrika gerankt.

Stählerner Torus

Die von Shaun Killa, Inhaber des Architekturbüros Killa Design, entworfene Kubatur des Zukunftsmuseums umfasst einen vierstöckigen Sockelbau, der in einem begrünten Hügel verschwindet, und einen siebengeschoßigen und rund 77 Meter hohen Torus aus Stahl. Situiert ist das neue Museum direkt an der Sheick Zayed Road, der wichtigsten Hauptverkehrsachse der Stadt in unmittelbarer Umgebung der Emirates Towers.

Unter der metallisch schimmernden Oberfläche verbirgt sich eine im Inneren vollständig stützenfreie Stahlkonstruktion, die in Summe rund 30.000 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung stellt. Das Loch im Torus hat in erster Linie Symbolcharakter und stellt das Unbekannte dar – das, was noch offen und unbelastet ist und den Menschen immer weiter nach Entdeckungen streben lässt. Der Torus selbst soll ein menschliches Auge darstellen, das in die Zukunft blickt bzw. ­einen Blick auf die Zukunft gewährt.

Symbolträchtige Fassade

Mit Symbolen wurde auch an der Fassade nicht gespart. Das gesamte Gebäude ist mit arabischer Kalligraphie bedeckt, was laut der Dubai Future Foundation für „die Leidenschaft der Menschheit für die Künste und das kreative Schaffen“ steht. Gleichzeitig bilden die Schriftzüge auch die Fenster des Gebäudes. Diese sind in eine Fassade aus glasfaserverstärkten Kunststoffplatten (GFK) eingeschnitten, die an ihrer Außenseite mit rostfreiem Edelstahl veredelt wurden. Die Fassade umfasst in Summe eine Fläche von 17.600 Quadratmetern und wurde werkseitig mittels Computerautomation und Laser­technik in 16 Arbeitsschritten auf den Millimeter genau vorgefertigt. Symbolträchtig aufgeladen ist die Fassade aber nicht nur im Hinblick auf ihr äußeres Erscheinungsbild, sondern auch was die Konstruktion betrifft. Als Hommage an digitale Technologien – ohne welche die Planung und Errichtung des Gebäudes niemals möglich gewesen wäre – besteht die Gebäudehülle aus 1.024 Paneelen. Diese Anzahl steht für die vom Binärcode abgeleitete ­digitale Grundeinheit Kilobyte bzw. 1.024 Byte – übertragen auf die Architektur also 1.024 Fassadenteile. Alleine die Montage der Fassadenplatten erstreckte sich über eine Zeitspanne von 18 Monaten. Um den überdimensionalen Torus auch nachts richtig in Szene zu setzen, wurden zudem rund 14.000 Laufmeter programmierbarer LEDs installiert.    

Trockenbau nach Maß

Die architektonische, bauliche und designtech­nische Komplexität des Gebäudes spiegelt sich auch in den Innenräumen wider. So gibt es kaum gerade Wände, geschweige denn rechte Winkel. Stattdessen bilden eine Unzahl von Kurven und gebogenen Flächen die innere Schale. „Die architektonische Komplexität des Museums der Zukunft hat uns an unsere technischen Grenzen gebracht, um eine neue, bewährte Lösung für die Innenbekleidung der Wände zu entwickeln“, heißt es seitens des ausführenden Trockenbauunternehmens Plafond.

Gemeinsam mit der technischen Akademie von Saint-Gobain entwickelten die Planer und Verarbeitungstechniker von Plafond innerhalb des sehr engen Zeit- und Budgetrahmens ein maßgeschneidertes Innenbekleidungssystem. Grundlage dafür war der umfassende Einsatz von Building Information Modelling (BIM), das vor der Produktion der einzelnen Formteile eine dreidimensionale Modellierung der gesamten Hülle und Innenschale am Computer ermöglichte. Mehr als 80 Baustellenbesuche absolvierte das Entwicklerteam von Saint-Gobain und leistete über 200 Arbeitsstunden Unterstützung bei der Planung vor Ort. 

Beim trockenen Innenausbau zum Einsatz kamen GypWall IWL sowie GypWall Curve, die eine von der Außenwandkonstruktion unabhängige Wandbekleidung ermöglichen. Dabei bietet das akustische Trennwandsystem GypWall IWL mit zwei Rahmen ein erhöhtes Schalldämmmaß der Innenwandkonstruktion. Dafür werden die Rahmen mit 2 mal 15 Millimeter starken SoundBloc-Platten bekleidet und mit 100 Millimetern ISOVER Glaswolle isoliert. Für die gebogene Innenschale entlang der Tragkonstruktion kam zusätzlich GypWall Curve zum Einsatz, das ohne vorherige Schablonen die Anpassung an die gekrümmten Außenwandflächen ermöglicht. Die größte Herausforderung in der Ausführung stellte die Anpassung der Trockenbauprofile an die dreidimensionale Krümmung des Tragwerks dar. Zusätzlich gab es viele nur schwer zugängliche Bereiche, die sich aus der Geometrie der Hülle ergeben. Alle Wand- und Deckenflächen mussten abschließend in der höchsten Güteklasse Q4 gespachtelt werden, um trotz des unterschiedlichen Licht­einfalls durch die „kalligraphischen“ Fenster auch bei Streiflicht eine glatte und ebenmäßige Oberflächenansicht zu garantieren.  

Zeitdruck war nicht nur in der Planung, sondern ebenso in der Umsetzung eine der größten Herausforderungen. Hierbei konnte das Leichtbausystem für die Innenschale seine Vorteile voll ausspielen, weil es die nötige Flexibilität und auch die hohe Produktivität im Arbeitsfortschritt systemimmanent schon mitbrachte.

Parametric Design und BIM als Schlüssel zum Erfolg

Das „Museum of the Future” ist nicht das höchste und auch nicht das größte Gebäude der Welt, aber mit Sicherheit eines der kompliziertesten und komplexesten Bauvorhaben, das bislang in der Menschheitsgeschichte errichtet wurde. „Ohne den Einsatz von 3D-Modellierung und Building ­Information Modelling wäre das Gebäude nicht realisierbar gewesen“, ist Architekt Schaun Killa überzeugt. Für die Ingenieur- und Tragwerksplanung holte er sich die Spezialisten von Buro Happold an seine Seite, die neben ihren 30 weiteren Standorten auch ein Büro in Dubai unterhalten und weltweit immer dann zum Einsatz kommen, wenn es darum geht, scheinbar Unbaubares in bauliche Realitäten zu transformieren.

Buro Happold entwickelte für den Torus ein maßgeschneidertes Optimierungsverfahren für die Modellierung und zur Analyse der unterschiedlichen Tragwerksoptionen. Um alle an der Planung beteiligten Spezialplaner zu vernetzen, wurde von Beginn an auf Building Information Modelling als ausschließliches Planungstool gesetzt. Statt einer linearen Arbeitsweise wurde so eine dynamische Planung gewährleistet, bei der die unterschiedlichen Disziplinen virtuell und vor allem parallel an dem Projekt zusammenarbeiten konnten. Mithilfe von BIM wurde von Buro Happold auch ein 3D-Energiemodell des Gebäudes erstellt, in dem alle Disziplinen in Echtzeit miteinander agieren und Designentscheidungen in kürzester Zeit treffen konnten. So konnte beispielsweise der Wasserverbrauch des Gebäudes nachweislich um rund 45 Prozent reduziert und eine Gesamtenergieeinsparung für den Betrieb von rund 25 Prozent erreicht werden. 

Wo Zukunft passiert

Die inhaltliche Ausrichtung des Museums der ­Zukunft soll der Architektur und Technik um nichts nachstehen. So will es nicht nur als Design- und Architekturikone gesehen werden, sondern vielmehr als globales wissenschaftliches Wahrzeichen. Als Plattform, um die Zukunft zu studieren, Ideen zu entwerfen und tiefgreifende Dis­kussionen über Zukunftstrends in allen wissenschaftlichen, entwicklungspolitischen und humanitären Bereichen zu führen.

Jede Etage des Museums ist einem anderen Thema gewidmet – von der Entwicklung von Weltraumressourcen über Ökosysteme und Biotechnik bis hin zu Gesundheit und Lebensqualität. Gemeinsamer Nenner über all diese Themen ist die Schwerpunktsetzung auf virtuelle und erweiterte Realität, Big Data, Robotik und Künstliche Intelligenz. Darüber hinaus gibt es im Museum aber auch Innovationslabore, beispielsweise zu den Bereichen Gesundheit, Bildung, intelligente Städte, Energie und Verkehr. In Kooperation mit internationalen Universitäten und Hochschulen soll das Museum vorrangig als Innovations- und Experimentierlabor dienen sowie Talenten aller Fachrichtungen, Erfindern, Entwicklern und Kreativen aus aller Welt eine Forschungsbasis bieten. 

„Es bringt Denker und Experten aus der ganzen Welt zusammen, indem es kontinuierlich Foren organisiert und die neuesten wissenschaftlichen Veränderungen und Entdeckungen vorstellt. Das Museum wird den Beitrag der Menschheit zur Zukunft verkörpern. Es wird Erfahrungen schaffen, die zukünftige Gemeinschaften voranbringen und das Leben der Menschen verbessern werden“, definiert die Dubai Future Foundation, Bauherrin und Betreiberin, das museale Konzept.          

FAKTEN

Museum of the Future
Sheikh Zayed Rd. – Trade Centre – Trade Centre 2 – Dubai – Vereinigte Arabische Emirate

Bauherrin: The Dubai Future Foundation 
Architektur: Killa Design
Hauptauftragnehmer: BAM Contracting             

Bautechnik: Buro Happold
Trockener Innenausbau: Plafond, Dubai
Emiratischer Kalligraph: Matter bin Lahej
Saint-Gobain Team: Sarath Nair, Jason Hird, Gary Condon, Zaid Suleiman

Nutzfläche:  ca. 30.000 m2
Fassade: GFK mit Edelstahl
Fassadenfläche: 17.600 m2
Eröffnung: Februar 2022

Rundgang durch das Museum der Zukunft in Dubai: https://www.youtube.com/watch?v=9aCzQ_3z8Nc
Quelle: Euronews