Beispielhafter Bildungsbau
Rund vier Jahre dauerte die Sanierung der Uhlandschule in Stuttgart. Das Ergebnis der umfangreichen technischen und baulichen Adaptierungsarbeiten ist ein PlusenergieÂgebäude, das im Jahresschnitt so viel Energie ins Netz einspeist, wie 50 Vier-Personen-Haushalte verbrauchen. Erstmals in Europa erzeugt ein saniertes Schulgebäude damit deutlich mehr Energie, als es verbraucht. Die Unternehmen der Saint-Gobain Gruppe sind wesentlich am Erfolg dieses ambitionierten Projekts beteiligt.Â
Bis zum Jahr 2050 will Stuttgart, die Landeshauptstadt des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg, mit gutem Beispiel voran- gehen und zu 100 Prozent klimaneutral sein – sprich vollständig ohne fossile Energieträger auskommen.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Erreichung dieses ehrgeizigen Zieles ist der öffentliche Gebäudesektor und hier vor allem die Schulen, die mit knapp 40 Prozent in Stuttgart den Löwenanteil an den städtischen Gebäudeflächen ausmachen. Zudem gehen über 20 Prozent des Energiebedarfs bzw. der Energiekosten der Stadt alleine auf das Konto der Schulbauten.
Europaweites Vorzeigebeispiel
Mit der Sanierung der Uhlandschule im Stadtteil Zuffenhausen von der „Energieschleuder“ zum Plusenergiestandard haben die Stadt als Bauherr sowie die Planer holz + architekten mit den für die Ausführung verantwortlichen KBK-Architekten ein Leuchtturmprojekt realisiert, das in Europa einzigartig ist und hoffentlich zahlreiche Nach-ahmer finden wird. Wovon zumindest schon einmal der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn fest überzeugt ist: „Diese Schule ist eine Verpflichtung für die Zukunft, ähnliche Projekte anzu- packen. Hier erleben wir eine kluge Kombination aus Einsparung und Effizienz.“ Tatsächlich wird in der frisch sanierten Grund- und Realschule europaweit erstmalig deutlich mehr Energie erzeugt als verbraucht.
Die gesamte Planung und Ausführung der Umbau- und Sanierungsarbeiten wurde vom Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP) wissenschaftlich begleitet. Als Vorzeigemodell auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung wurde das Projekt vom deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen der Energieforschung gefördert.
Selbst die Bauindustrie leistete einen wesentÂlichen Beitrag zum Gelingen des Projekts „PlusÂenergieschule“, wie beispielsweise die Unternehmen der Saint-Gobain Firmengruppe, die sich mit ihrem Schwerpunkt „Multi-Komfort“ nicht nur der Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden, sondern ebenso der gleichzeitigen Steigerung des Nutzerkomforts verschrieben haben. „Die Uhlandschule ist ein fantastisches Beispiel für Energieeinsparung. Dem globalen Anspruch des Klimaschutzabkommens von Paris wird diese Schule schon jetzt gerecht. Darüber hinaus Âmachen wir hier auch keine Kompromisse an Qualität, Technik oder Nutzerkomfort“, ist auch Robert Schild, Marketing Manager der Firmengruppe Saint-Gobain, überzeugt.
Sanierungskonzept
Der Schulkomplex der Grund- und Realschule besteht aus mehreren Gebäuden: Dem 1954 fertig gestellten Haupthaus, einem Pavillon mit Cafeteria, einer Turnhalle – ebenfalls aus den 1950er ÂJahren – sowie einem 2004 errichteten Erweiterungsbau. Pavillon und Turnhalle sollen in den kommenden Jahren durch entsprechende Neubauten ersetzt werden. Der Erweiterungsbau erhielt lediglich eine neues Dach, ansonsten waren keine Sanierungsmaßnahmen erforderlich.
Die Sanierungsmaßnahmen konzentrierten sich also vorrangig auf das langgestreckte zwei- bis dreigeschoßige Hauptgebäude des Schulcampus mit einer Nutzfläche von insgesamt rund 1.200 Quadratmetern. Dieser Baukörper hatte nur Einscheiben-Verglasungen, so gut wie keine Wärmedämmung an der Fassade und zudem eine ÂUnzahl von Wärmebrücken, über die unkontrolliert Raumwärme durch die zudem undichte ÂGebäudehülle nach außen gelangen konnte. ÂEntsprechend dem baulichen Zustand war auch der Nutzerkomfort eher bescheiden – bei gleichzeitig extrem hohen Energiekosten. So lag vor der Sanierung der durchschnittliche jährliche Heizwärmebedarf bei rund 155 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Nach der Sanierung soll dieser auf unter 39 Kilowattstunden sinken. Alleine Âdamit sollen jährliche Energiekosten von rund 70.000 Euro eingespart werden können.Â
Bauliche und technische Maßnahmen
Um den hohen Anspruch des Plusenergie- Standards zu erfüllen, war nicht nur eine um- fassende energetische Sanierung der Gebäudehülle erforderlich, sondern ebenso die komplette Erneuerung der Anlagentechnik.
Für die neue thermische Hülle kamen im Bereich der Fassade Vakuumisolationspaneele sowie neuartig expandiertes Polystyrol mit optimierter Wärmeleitfähigkeit ebenso wie konventionelle Mineralwolle zum Einsatz. Die Fenster wurden durch Dreischeibenverglasungen ersetzt. In Summe konnten so die Wärmeverluste über die Gebäudehülle um 80 Prozent reduziert werden.
Erneuerbare Energien
Die Wärmebereitstellung erfolgt über eine Erdwärmepumpe in Kombination mit einem Niedertemperatur-Flächenheizungssystem. Als Bauteiltemperierung unterstützt sie im Sommer die regenerative Kühlung im Gebäude, wodurch auf eine aktive Kühlung gänzlich verzichtet werden kann.
Den notwendigen Strom unter anderem für den Betrieb der Wärmepumpe liefert eine Solarstromanlage. Dabei wird der Strom von Photovoltaikelementen geliefert, die auf sämtlichen nach Süden hin ausgerichteten Dachflächen sowie in den Brüstungsbereichen der Südfassade des Hauptgebäudes untergebracht sind. Weiters sind auch auf dem Dach des Erweiterungsbaus zusätzliche Paneele installiert. In Summe stehen der Schule 1.800 Quadratmeter PV-Anlagen mit einer Leistung von 220 Kilowatt peak zur Verfügung.
Innere Werte und Raumatmosphäre
Dem hochwertigen neuen Außenauftritt der Schule steht der trockene Innenausbau um nichts nach. Nach der Grundsanierung erfüllt die Uhlandschule nun auch wieder alle Anforderungen an einen zeitgemäßen Bildungsbau in puncto Schallschutz, Brandschutz sowie Raumluftqualität.
Die hohen Anforderungen an den Brandschutz und die Nutzersicherheit in öffentlichen Gebäuden werden im Besonderen auch durch den Einbau von Brandschutzverglasungen sichergestellt. Durch das Versetzen einer vollflächigen Unterdecke im gesamten Erdgeschoßbereich mit Glasroc F konnten die bestehenden Rippendecken brandschutztechnisch auf 90 Minuten Brandschutz aufgerüstet werden. Damit sind auch im Ernstfall Stabilität und Standsicherheit sowie ein sicheres Verlassen des Gebäudes gewährleistet.  Â
Neben dem rein technischen und bauphysikalischen Update des in die Jahre gekommenen Altbaus galt es, vor allem auch einen Komfort-gewinn für die Gebäudenutzer – sprich für die Schüler und Schülerinnen gleichermaßen wie für das gesamte Lehrpersonal – zu realisieren. So wurde zur Verbesserung der Raumluft- qualität und des Raumklimas das Rigidur H Active’Air Wandsystem eingebaut, das nachweislich zu einer gesünderen Raumluft führt. Dank der speziellen Rezeptur werden Schad-stoffe wie Formaldehyd oder flüchtige orga- nische Substanzen (VOCs) nahezu vollständig aus der Atemluft gefiltert und in inerte (inak- tive) Bestandteile umgewandelt. Damit ist ein nachhaltiger Schadstoffabbau ohne Gefahr der Re-Emission sichergestellt.
Monitoring
Der Fertigstellung und Ãœbergabe der Schule folgt nun eine zweijährige Monitoringphase. Dabei soll das Plus in der Energiebilanz verifiziert und gleichzeitig auf Basis der Messergebnisse der Betrieb des Gebäudes weiter optimiert werden.                      Â