Akustik sichert Lernerfolg
Welche Auswirkungen hat die schalltechnische Ertüchtigung von Klassenräumen nicht nur auf die Raum-akustik im Allgemeinen, sondern im Speziellen auf die Sprachverständlichkeit und damit in direkter Folge auf den Lernertrag von Schüler/innen? Dieser Frage ging Rigips Austria in Kooperation mit dem TGM im Zuge der Sanierung zweier Klassenzimmer im Schulcampus Sacré Coeur in Pressbaum auf den Grund.
Schon im Jahr 2012 setzte sich Saint-Gobain mit dem Thema Schulbau auseinander. Im Rahmen der Vortragsreihe „Bauen für die Bildung“ und vor dem Hintergrund der damals geplanten Schulbau- und Sanierungsoffensive brachte der international agierende Baustoffkonzern Schulerrichter und -erhalter, Architekten und Pädagogen zusammen, um über neue Raumstrukturen, Tageslicht, Raumakustik und Energieeffizienz zu referieren und zu diskutieren. Seitdem hat sich einiges getan, was die Gestaltung von zeitgemäßen Bildungsbauten angeht. Eines der besten Beispiele, wie man alleine über die Raumakustik den Lernertrag wesentlich Âverbessern kann, ist die akustische Ertüchtigung ausgewählter Klassenräume im Sacré Coeur in Pressbaum.
Die Sanierung alter oder sogar historischer Schulgebäude ist heute ohne entsprechende Maßnahmen zur Ertüchtigung der Raumakustik kaum noch vorstellbar. Ziel dieser raumakustischen Eingriffe ist die Schaffung einer angenehmen Raum- bzw. Lernatmosphäre, die ohne allzu große Schallreflektionen sowohl das Unterrichten erleichtern als auch das Lernen unterstützen soll. Wesentlich dabei ist die Sprachverständlichkeit, die in einem Raum herrscht und die direkt abhängig von der Nachhallzeit ist. Letztere kann über entsprechende raumakustische Eingriffe ganz gezielt gesteuert bzw. beeinflusst werden, wie das Beispiel der raumakustischen Ertüchtigung von drei ausgewählten Klassenzimmern am Schulcampus Sacré Coeur in Pressbaum bei Wien eindrucksvoll unter Beweis stellt.
Akustische Ertüchtigung gefragt
Das riesige Areal des Schulcampus Sacré Coeur in Pressbaum liegt inmitten der Hügellandschaft des Wienerwaldes vor den Toren der Bundeshauptstadt. Neben dem eigentlichen Schulgebäude – das neben einer Volks- und einer neuen Mittelschule sowie einem Gymnasium auch eine Kinderkrippe, einen Praxiskindergarten und eine Ausbildungsstelle für Elementarpädagogik beherbergt – zählen zum Campus auch drei Sporthallen samt Kletterhalle, zwei Beachvolleyball-, Tennis- und Fußballplätze sowie zwei Kinderspielplätze. Das Schulgebäude selbst stammt aus der Jahrhundertwende 19./20. Jhd. und zeichnet sich neben seiner historischen Architektur unter anderem durch seine großzügig bemessenen Klassen mit hellen und hohen Räumen aus. Was sich grundsätzlich sehr positiv auf die allgemeine Raumatmosphäre auswirkt, schafft im Hinblick auf die Akustik durchaus Probleme. Die überwiegend schallharten Oberflächen in einem großen, hohen Raum bedingen selbst bei Vollbelegung vergleichsweise hohe Nachhallzeiten, was entsprechende Nachteile für die Sprachverständlichkeit mit sich bringt und den Schülerinnen und Schülern das Lernen erschwert. Aber nicht nur für die Zuhörer/innen wirkt sich die lange Nachhallzeit problematisch aus – auch an Lehrerinnen und Lehrer stellt diese Raumkonfiguration erhöhte Anforderungen bzw. strengt ganz einfach die Stimme überdurchschnittlich an.
Im Zuge der Sanierung zweier Klassenräume stellte Rigips Austria die vorgenommenen raumakustischen Eingriffe auf den Prüfstand. Die entsprechenden Simulationen zur Planungsunter-stützung bzw. die Messung der Ergebnisse nach erfolgtem Einbau übernahm als unabhängiger Partner unter der Leitung von Herbert Müllner die Abteilung für Raumakustik und Bauphysik am Technologischen Gewerbemuseum (TGM) in Wien.Â
Der Vergleich macht sicher
Verglichen wurden zwei Klassenzimmer, die direkt nebeneinander liegen und mit einer Grundfläche von jeweils 8 mal 8 Metern, drei Fensterachsen, Putzoberflächen und Parkettböden über annähernd idente Raumabmessungen und -eigenschaften verfügen. Damit kann am konkreten Beispiel nicht nur ein Vorher-Nachher-Vergleich simuliert, sondern jederzeit der direkte Vergleich hergestellt werden, indem man einfach von einer Klasse in die Nachbarklasse wechselt. Und der Vergleich kann sich sehen – respektive hören – lassen.  Â
„Viele glatte Flächen, laut, hallig – ausgesprochen problematische Raumakustik und furchtbar schlechte Sprachverständlichkeit“, lautete die Bestandsanalyse von Thomas Huber, Leiter der Anwendungstechnik bei Rigips Austria. Die akustische Ertüchtigung erfolgte mit Gyptone Quattro 20 – einer Akustiklochplatte mit Quadratlochung auf Basis einer 10 Millimeter starken Gipsplatte mit einem rückseitig aufkaschierten Akustikvlies. Die speziellen Gipsplatten wurden im gesamten Deckenbereich von der tragenden Decke abgehängt. Zusätzlich wurden an der Seitenwand gegenüber der Fensterfront sowie der Rückwand Gyptone Instant Elemente im oberen Wandbereich installiert. Diese dienen vor allem der Schallab- sorption im Rückwandbereich, damit auch in den hinteren Reihen der Widerhall verringert und die Sprachverständlichkeit deutlich erhöht wird.Â
Die Messungen durch das TGM zeigen die Verbesserungen, die im Zuge der schalltechnischen Ertüchtigung erzielt werden konnten. So liegen die Nachhallzeiten im nicht ertüchtigten Klassenraum im Frequenzbereich von 500 bis 2.000 Hertz bei über zwei Sekunden. „Viel zu hohe Werte für einen Klassenraum – annähernd die Verhältnisse in einer Kirche“, bringt Herbert Müllner die akustische Situation im Bestand auf den Punkt. Nach der Installation der Akustiklochplatten verringerte sich die Nachhallzeit auf knapp unter 0,6 Sekunden, was eine nahezu optimale Nachhallzeit darstellt.
Simulation und Realität im Einklang
Um die zuvor erstellte Computersimulation auf ihre Genauigkeit zu überprüfen, wurden vom TGM an jedem Schülerarbeitsplatz konkrete Messungen zur Ermittlung der Sprachverständlichkeit vorgenommen. Das Ergebnis spricht für sich: Die errechneten Werte decken sich annähernd mit den tatsächlichen Werten. Darüber hinaus zeigte sich im Zuge der Messungen, dass der Sprachverständlichkeitsindex (STI) nicht nur in der ersten Reihe – also nahe dem Lehrertisch –, sondern bis in die letzte Sitzreihe durchgehend einen Wert von rund 0,75 aufweist, womit eine sehr gute Sprachverständlichkeit im gesamten Klassenraum bescheinigt wird. Â
Klare Worte
Den klarsten Beweis für die tatsächliche akustische Ertüchtigung brachten aber die Nutzer selbst. So erfreut sich der neue, verbesserte Klassenraum vor allem bei Hörübungen aufseiten der Nutzer höchster Beliebtheit. Dank der besseren Sprachverständlichkeit sind auch die Ergebnisse bei Ãœbungen, Prüfungen und Schularbeiten deutlich besser. Wenig verwunderlich scheint damit auch die Tatsache, dass im Sommer dieses Jahres das ausführende Unternehmen Trockenbau Kasper aus Sommerein mit der akustischen Ertüchtigung von drei weiteren Klassenzimmern beauftragt wurde.                          Â
Fakten:
Sacré Coeur Klostergasse 12, 3021 Pressbaum/NÖ Â
Baumaßnahme: Akustische Ertüchtigung Klassenraum           Â
Bauherr/Schulerhalter: Erzdiözese Wien, 1010 Wien
Ausführendes Trockenbauunternehmen: Trockenbau Kasper, 2453 Sommerein Â
Akustikmessungen und akustische Simulation: Herbert Müllner, Fachbereich Akustik und Bauphysik am TGM Wien, 1200 Wien
Raumnutzfläche: 64 m2Â
Umbauarbeiten: Sommer 2016