Ganzheitliche Gebäudeplanung im Bauhausstil
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Mit einer ganz und gar nicht alltäglichen Bauaufgabe sah sich der deutsche Architekt Markus Robenek bei der Planung einer Villa nahe Münster konfrontiert: Gestalterisch inspiriert vom Bauhausstil, sollte das Gebäude unter Einsatz modernster Bau- und Haustechnik höchste Ansprüche an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit erfüllen sowie maximalen Nutzerkomfort und höchste Wohnqualität bieten. „Multi-Komfort“ nennt sich das Konzept, das Planung und Ausführung prägte.
Der deutsche Pavillon von Mies van der Rohe für die Weltausstellung 1929 in der katalanischen Metropole Barcelona gilt als architektonische Stilikone des 20. Jahrhundert. Dem Architekten Markus Robenek stand der Barcelona-Pavillon Pate für die Gestaltung des Artstyle Haus, einer Privatvilla im Münsterland.
Inspiriert vom Stil der Bauhausarchitekten entwickelte der Planer aus Bottrop ein großzügig geschnittenes Gebäude mit fließenden Raumübergängen und großflächigen Verglasungen, die die Grenze zwischen innen und außen scheinbar aufzulösen scheinen und dabei maximalen Wohnkomfort bieten.
„Am Anfang der Planung des Wohnhauses stand für den Bau- herren und mich die Inspiration der Bauhaus- Architektur. Es ist für mich faszinierend zu erleben, wie man ausgehend von den fast 90 Jahre alten Stilelementen des Bauhauses hochkomfortable und nachhaltige Gebäude verwirklichen kann“, erklärt Markus Robenek.
Drei zu einander verschobene Kuben mit jeweils unterschiedlichen, aufeinander abgestimmten Oberflächengestaltungen bilden die ebenso kontrastreiche wie in Summe stilistisch harmonische Hülle des Gebäudes, das eine Nutzfläche von insgesamt fast 850 Quadratmetern bildet – inklusive des Indoorpools samt Wasserrutsche. Putz, heller Naturstein, Beton und Glas stehen in harmonischer Eintracht nebeneinander und unterstreichen die Geradlinigkeit der Architektur.
Zur Straßenseite hin präsentiert sich das Ensemble mit einer massiven, steinverkleideten Oberfläche im Sockelgeschoß und den schmalen Schlitzfenstern in den verputzten Obergeschoßen sehr geschlossen. Zum Garten im Süden öffnet es sich mit raumhohen Glasfronten und gibt den Blick frei auf den langgestreckten, vom Landschaftsarchitekten gestalteten Park.
Planen und Bauen im Dialog
Klare Linien, großzügige Räume, schlichte Materialien kombiniert mit viel Licht, Ruhe und einem angenehmen Raumklima – das waren die Wünsche des Bauherren, die es gestalterisch in Form zu bringen galt. Der Weg zum Wohnhaus – das in vielen Dimensionen schon heute den Anforderungen an zeitgemäßes Wohnen von morgen entspricht – führte über einen ganzheitlichen Bauprozess, in dem Planung, Ausführung, Materialwahl und Technikeinsatz sorgfältig aufeinander abgestimmt wurden.
Dazu bedurfte es der Einbindung aller wesentlichen an Planung und Errichtung beteiligten Partner. Dem Bauherren und dem Architekten stand dazu ein Team aus Spezialplanern und Beratern zur Seite, das neben dem Statiker und dem Bauphysiker auch einen Berater vonseiten der Bauindustrie umfasste, der das Team während der gesamten Planungsphase in puncto Bausysteme und Materialwahl beriet. Die Errichtung der modernen Villa entwickelte sich als organischer Prozess, in dem auch noch nach Baubeginn immer wieder neue Ideen und Impulse umgesetzt wurden.
Multi-Komfort konsequent umgesetzt
„Damit die klare und sachliche Bauhaus-Architektur ihre Wirkung entfalten kann, müssen die verwendeten Materialien von höchster Qualität sein“, weiß Georg J. Kolbe, Architektenberater der Saint-Gobain Gruppe, der das Atelier Robenek und den Bauphysiker Thomas Balzen hinsichtlich der gewählten Baustoffsysteme und eingesetzten Materialien beriet. Hochwertige Natursteinverkleidung im Erdgeschoß, biozidfreier Edelkratzputz im Bereich des Obergeschoßes und großformatige, geklebte Glaselemente im Staffelgeschoß darüber – so präsentiert sich das Gebäude nach außen.
Unter diesen unterschiedlichen Oberflächen verbirgt sich eine durchgehende Dämmschicht aus Mineralwolle, die sowohl die Kälte im Winter draußen hält als auch im Sommer vor Überhitzung schützt – unterstützt von der Drei-Scheiben-Isolierverglasung der Glaselemente. In Kombination trägt diese durchdachte Systemlösung einen entscheidenden Anteil an der ausgezeichneten Energiebilanz des Gebäudes. Im Inneren gewährleisten zeitgemäße Lösungen des trockenen Innenausbaus Komfort auf allen Ebenen.
Alle nicht tragenden Trenn- und Zwischenwände sowie Vorsatzschalen sind als Metallständerwände mit Gipsbauplatten errichtet und, wo erforderlich, mit erhöhtem Schallschutz bzw. schallentkoppelt ausgeführt. So wird die Lärmübertragung zwischen den unterschiedlichen Nutzungszonen verhindert und für die vom Bauherren geforderte ruhige, gedämpfte Raumstimmung in weiten Bereichen des Hauses gesorgt. Darüber hinaus stellen der natürliche Baustoff Gips und die Oberflächenbeschichtungen aus mineralischem Kalkputz ein angenehmes und vor allem auch gesundes Raumklima sicher. Die aufeinander abgestimmten Systemlösungen beweisen, dass gutes Design und Komfortdimensionen wie Sicherheit, Nachhaltigkeit, Tageslichtqualität sowie Schallschutz und Raumklima einander nicht im Wege stehen.
Ganz im Gegenteil bilden sie vielmehr die wesentlichen Voraus- setzungen für (multi)komfortable Lebens- und Wohnräume.
Höchste Anforderungen an Konstruktion und (Haus)Technik
Knapp 1.000 Seiten umfassen die statischen Berechnungen und Beschreibungen der Konstruktion des Artstyle Hauses. Aufgrund der Raumhöhen und der Gesamtgebäudehöhe galt es, erhöhte Brandschutzanforderungen zu erfüllen, vergleichbar mit jenen im Geschoßwohnungs- oder Gewerbebau. Auch die großen, frei überspannten Räume erforderten statisches Fingerspitzengefühl. Massive Stahlbetondecken überbrücken die hohen Spannweiten. Die erhöhten Lasten werden über schlanke Stahlstützen abgetragen.
Massive Stahlbetonwände in Sichtbetonqualität dienen dabei der zusätzlichen Aussteifung des Gebäudes. Aber auch die Anordnung des Pools hat die Aussteifung mit einer konventionellen Kellergeschoßdecke unmöglich gemacht. So mussten beispielsweise die Kelleraußenwände durch eine Rahmenkonstruktion gegen den Erddruck gesichert werden.
Ebenso anspruchsvoll erwies sich die Schwimmhalle auch für den Bauphysiker: „Hier herrscht ein spezielles Innenraumklima, und die Bauphysik ist ganz besonders zu beachten, um die Anforderungen an die Behaglichkeit, Schadensfreiheit und Energieeffizienz zu erfüllen“, beschreibt Bauphysiker Thomas Balzen die besonderen Herausforderungen der Projektentwicklung.
Gelöst wurden diese durch ein aufeinander abgestimmtes System aus hochwertiger Außendämmung und Innendämmung mit Dampfsperre. Die Innendämmung bewirkt dabei eine Erhöhung der Oberflächentemperatur der Wandinnenflächen. Zukunftsweisend ist auch die Haustechnik im Gebäude. Heizung und Warmwasser werden über eine Zentralheizung mit Sole-Wasser-Wärmpumpe betrieben. Die kontrollierte Raumlüftung mit Wärmerückgewinnung trägt ebenfalls zum geringen jährlichen Primärenergiebedarf von lediglich 21 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche bei. Über eine Photovoltaikanlage auf dem Flachdach wird zudem ein Großteil des benötigten Stroms gewonnen.
Der Architekt: Architekt Dipl.-Ing. Markus Robenek, Inhaber und Geschäftsführer des Planungsateliers Robenek. Mitglied der Architektenkammer Nordrhein- Westfalen AKNW. Der inhaltliche Schwerpunkt des Ateliers Robenek liegt in der ganzheitlichen Planung von Wohngebäuden – von der ersten Skizze über Entwurf, Einreichung und Detailplanung bis zur schlüsselfertigen Übergabe. www.robenek.de
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Artstyle Haus | Â |
Bauherr: | privat |
Architekt: | Planungsatelier Robenek, Bottrop/D |
Innenraumgestaltung: | Klocke Möbelwerkstätten GmbH, Borken/D |
Landschaftsgestaltung: | Büro Drecker, Bottrop |
Beton/Stahlbetonbau: | Gertz GmbH & Co. KG, Bottrop |
Heizung, Klima, Lüftung: | Martin Schultewolter GmbH, Gescher/D |
Bruttorauminhalt: | 5.395 m3 |
Bruttogrundfläche: | 1.506 m2 |
Nutzfläche: | 840 m2 |
Grundstücksfläche: | 1.975 m2 |
Auszeichnung: | Red Dot Design Award 2014 |
Fertigstellung: | 2014 |
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