PORTRAIT: Grande Dame des österreichischen Wohnbaus

  • Margarethe Cufer
    Margarethe Cufer
    Die „unanstrengende“ (Wohnbau)Architektin ist immer unterwegs. Baustellenbesuche sind für sie wie ein kleiner Urlaub zwischendurch. © cuferteam
  • Margarethe Cufer
    Margarethe Cufer
    „Durch Roland Rainer habe ich die Kunst des Parallelredens gelernt, denn er machte nie eine Pause.“ Margarethe Cufer © cuferteam
  • Projekt in der Favoritenstraße
    Projekt in der Favoritenstraße
    © Pez Hejduk
  • Projekt in der Laaerbergstraße
    Projekt in der Laaerbergstraße
    © cuferteam
  • Projekt in der Märzstraße
    Projekt in der Märzstraße
    © Pez Hejduk

 

Bald 30 Jahre ist Margarethe Cufer als selbstständige Architektin tätig. Einer ihrer ersten größeren Aufträge war die Planung eines Wohnbaus. Und sie hat ihre Sache gut gemacht. Bauträger und Bewohner waren von ihrer Leistung begeistert. So folgte ein Wohnbau dem anderen – bis heute.

„Bauen ist wie Kinderkriegen“, sagt Margarethe Cufer: „Ist das Werk erst einmal vollendet, dann vergisst man schnell, dass der Weg dorthin oft ein sehr steiniger war. Sonst würde man das kein zweites Mal machen. Wenn man ein Gebäude wachsen sieht, das gibt so viel Energie zurück. Und irgendwann hat man das Ergebnis vor sich und freut sich einfach nur.“ Ihre Häuser sind wie ihre Kinder, die sie zwar zur Adoption freigegeben hat, aber immer noch regelmäßig besucht, sich über ihre Entwicklung freut und ihnen beim würdevollen Altern zusieht. „Und Ich bin auf jedes von mir geplante Haus stolz“, erklärt Cufer, die sich in den vergangenen drei Jahrzehnten einen Namen als feinsinnige Wohnbauarchitektin gemacht hat.

Insgesamt 1.246 Wohnungen in 16 Wohnbauten sowie 37 Reihenhäuser hat sie bislang realisiert. Dazu kommen noch der eine oder andere Bürobau sowie zahlreiche kleinere Projekte, städtebauliche Gutachten, Jurorentätigkeit, Lehraufträge, diverse ehrenamtliche Mitgliedschaften und andere Verpflichtungen. Wie zum Beispiel den Vorsitz im Niederösterreichischen Gestaltungsbeirat, den sie bis 2013 fünf Jahre lang innehatte, oder die Mitgliedschaft im Qualitätsbeirat für den geförderten Wohnbau in Oberösterreich sowie Mitgliedschaften im Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung oder im Vorstand der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs im Landesverband Wien, Niederösterreich und dem Burgenland – um nur einige zu nennen. Gerne erinnert sie sich auch an ihre Lehrtätigkeit, beispielsweise an die Gastprofessur beim Seminario International San Isidro an der Universität von Buenos Aires. Sechs Jahre lang hatte sie auch einen Lehrauftrag an der Akademie der bildenden Künste in Wien, den sie beendete, um wieder mehr bauen zu können. Nicht zuletzt auch aufgrund ihrer regen Planungs- und Bautätigkeit im Bereich des geförderten Wohnbaus erhielt sie im Jahr 2009 das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.

Faszination Wohnbau

Was sie am Bauen, konkret am Wohnbau, fasziniert? „Die Herausforderung, trotz der Förderobergrenze bei den Herstellungskosten eine Zusatz-qualität bzw. einen Mehrwert zu schaffen“, erklärt Cufer. Dazu nennt sie Überraschungseffekte beim Raumerlebnis – zumindest in den Stiegenhäusern – oder das Entwickeln und Finden intelligenter und brauchbarer Grundrisslösungen, trotz der überbordenden Vorschriftenflut in Bezug auf die Anpassbarkeit, die Barrierefreiheit oder die Brand-sicherheit im Wohnbau. „Mich begeistert auch das direkte Feedback der Bewohner – sie sind die Jury, auf die ich höre. Außerdem habe ich noch keine Wohnung gebaut, in die ich nicht auch selbst einziehen würde“, so Cufer.

In ihrem Büro im Hoftrakt eines Gründerzeithauses in Wien-Landstraße stehen zahlreiche Modelle der von ihr und ihrem dreiköpfigen Team geplanten Wohnbauten. An den Wänden finden sich die in Polier- und Detailpläne übersetzten Gegenstücke dazu. Auf ihrem Schreibtisch liegt schon das nächste Projekt – und natürlich handelt es sich auch dabei wieder um einen geförderten Wohnbau in Wien. Dabei war diese Spezialisierung alles andere als eine bewusste oder gar strategisch-unternehmerische Entscheidung!

Wenn der Zufall Regie führt

„Mein ganzes Leben entscheidet mehr oder weniger der Zufall, da ich bis heute keine vorgegebenen Vorstellungen von meinem Leben habe“, gibt sich Cufer bescheiden und ergänzt: „Das hat aber auch seine Vorteile: Ich kann mir nicht vorwerfen, dass ich irgendein Ziel nicht erreicht hätte.“ Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, hat ihr so manchen lukrativen Auftrag eingebracht. Wie zum Beispiel ein zufälliges Zusammentreffen auf der Treppe zum Künstlerhaus mit Michaela Mischek, die gerade eine Architektin für einen Bauträgerwettbewerb gesucht hat.

Mehr oder weniger beim Kaffeetrinken ist sie auch zu ihrem ersten Lehrauftrag gekommen, ohne sich jemals dafür beworben oder auch nur darüber nachgedacht zu haben. Im Kaffee Aida hat sie seinerzeit zufällig Michael Wagner getroffen, der gerade seine Assistenz an der Akademie der bildenden Künste beendet hat. „Gretl, du wirst meine Nachfolgerin“, meinte Wagner damals kurzerhand. Ein Treffen mit Professor Timo Penttilä in der Roten Bar des Hotels Sacher und einige Cognacs später hatte sie ihren ersten Lehrauftrag mehr oder weniger in der Tasche.

„Ich bin unanstrengend“, behauptet Cufer von sich und „deshalb arbeiten die Leute gerne mit mir zusammen.“ Die Zusammenarbeit mit ihr schätzte auch Roland Rainer, in dessen Meisterklasse an der Akademie der bildenden Künste sie ihr Studium absolvierte und im Jahr 1979 ihr Architekturdiplom machte. Unanstrengend hätte Rainer sie aber sicher nicht beschrieben. „Mit Rainer konnte man wunderbar streiten“, erinnert sich Cufer gerne an ihre Studienzeit zurück. „Durch ihn habe ich die Kunst des ‚Parallelredens‘ gelernt, denn eine Pause machte er nie. Das war ein gutes Training für die Praxis. Seine Assistentin hat mich sogar einmal gebeten, ihn nicht so aufzuregen“, lacht Cufer. Müßig zu erzählen, dass sie sich daran nicht gehalten hat. „Die Guten muss man quälen, bei den Schlechten ist es ohnehin egal“, erinnert sich Cufer an Rainers Reaktion.

Mit einer anderen Größe der österreichischen Architekturgeschichte hat sie ebenfalls zusammengearbeitet. Noch während ihres Studiums beschäftigte Friedrich Achleitner die junge, aufgeweckte Tirolerin und ließ sie an seinem Führer zur österreichischen Architektur im 20. Jahrhundert mitarbeiten. „Von Rainer hab ich das Diskutieren gelernt. Achleitners Verdienst war, mit einer Horde Studenten drei Sommer hindurch eine ganze Stadt auf der Kykladeninsel Sifnos aufzumessen“, blickt Cufer zurück auf eine Zeit, die sie sehr geprägt hat. „Von Sifnos mitgenommen habe ich den Heiratsantrag eines Griechen“, scherzt sie.

Theorie & Praxis

Der feurige Grieche wurde von ihr nicht erhört. Seit bald 40 Jahren ist AZW-Direktor Dietmar Steiner – „Der Steiner“, wie sie ihn nennt – der Mann an Margarethe Cufers Seite, oder sie ist die Frau an seiner Seite – je nach Blickwinkel. An ihrem Erfolg war er indirekt nicht unbeteiligt. „Der Steiner ist ein Workaholic, und so habe ich mir einfach ein paralleles Berufsleben aufgebaut“, erzählt Cufer. Er ist die Theorie, sie ist die Praxis. Cufer dazu: „Was uns verbindet, ist, dass für uns beide die mit Begeisterung gemachte Arbeit auch gleichzeitig unser Hobby ist. Der Erfolg kommt dann von ganz alleine.“

Person:

 Margarethe Cufer, Architektin geb. 5.10.1951 in Kirchberg/Tirol verheiratet, lebt und arbeitet in Wien
 1971 Hochbaumatura an der HTL Innsbruck
 1972-1979 Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste, Wien
 1979 Diplom an der Meisterschule Roland Rainer
 seit 1987 Ziviltechnikerin mit eigenem Architekturbüro
 1989 Gastprofessorin beim Seminario International San Isidro, Universität Buenos Aires
 1988-1994 Lehrauftrag an der Akademie der bildenden Künste
 1996-2008 Vorstandsmitglied der Zentral-vereinigung der Architekten Österreichs LV Wien/NÖ/Bgld
 1999-2008 Mitglied des Fachbeirates für Stadtplanung und Stadtgestaltung
 2008-2010 Mitglied des Qualitätsbeirats für den geförderten Wohnbau in OÖ
2009-2013 Vorsitzende Niederösterreichischer Gestaltungsbeirat 
2009 Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien

 

www.cufer.at