Expertengespräch mit Josef Zügner
Von der kleinen Zimmerei mit gerade mal 18 Mitarbeitern entwickelte sich der Standort im steirischen Großwilfersdorf zum weit über die Landesgrenzen hinaus agierenden Holz-Fertigbau-Spezialisten und zählt heute zu den größten Holzverarbeitern Österreichs. Im Interview mit WEISS-Chefredakteur Tom Cervinka rekapituliert Zügner die Erfolgsgeschichte des Unternehmens und berichtet über Herausforderungen und Chancen für die heimische Holzbauindustrie.
Weiss: Was waren die konkreten Meilensteine auf dem Weg zu einem der führenden Holz-Fertigbauanbieter in Österreich?  Â
Josef Zügner: Wir haben einfach sehr vieles richtig gemacht. Wegweisend war aber sicher die Eingliederung des ersten österreichischen Standortes Großwilfersdorf in die Haas Group. Firmengründer Xaver Haas hat hier mit seinem Weitblick im Fertighausbereich Maßstäbe gesetzt. Er hat schon vor rund vier Jahrzehnten erkannt, dass mit dem Werkstoff Holz die Themen Wärmeschutz, Energiesparen und CO2-Reduktion perfekt gelöst werden können.
Weiss: In Österreich ist HAAS vor allem als Anbieter von Ein- und Zweifamilienhäusern bekannt. Das Produktportfolio reicht aber wesentlich weiter.    Â
Josef Zügner: HAAS Fertigbau hat ganz bewusst in seinem Namen neben „Fertig“ den „Bau“. Wir sind ein Bauunternehmen, das alle Bereiche des Holzbaus abdeckt. Neben unserem Produkt Fertighaus, das in Österreich rund 45% unseres Umsatzes ausmacht, sind wir seit jeher im landwirtschaftlichen Bereich und genauso im Industrie- und Gewerbebau tätig. In den vergangenen paar Jahren stoßen wir auch ganz bewusst in den Markt des mehrgeschoßigen Wohnbaus und wollen hier nachhaltige Antworten auf den Trend zur Urbanisierung geben.Â
Weiss: Wird hier vorrangig für den freifinanzierten oder den geförderten Wohnbau produziert? Und kann der Holzbau bei den engen Gewinnmargen im geförderten Bereich preislich mithalten?      Â
Josef Zügner: Dank unserer langjährigen Erfahrung und Kompetenz können wir gezielt die Vorteile der Holzleicht- und der Holzmassivbauweise nutzen und so auf den harten Wettbewerb mit den mineralischen Baustoffen reagieren. Unsere Erfahrungen im geförderten wie im freifinanzierten Bereich sind gemischt: Obwohl die Wohnpreise zu explodieren scheinen, bleibt bei uns als Bauunternehmen nicht viel übrig. Der Holzbau kann hier nur mit herausragender Qualität durch Vorfertigung in witterungsgeschützten Werkshallen und Perfektion von der Planung bis zur Ausführung reüssieren.Â
Weiss: Wie sieht es gerade im mehrgeschoßigen Wohnbau mit dem Brandschutz aus?  Â
Josef Zügner: Der Holzbau hat mit Thema Brand seit jeher zu „kämpfen“, aber ganz speziell in den deutschsprachigen Ländern ausgezeichnete Lösungen entwickelt, die zunehmend in die Bauordnungen Einzug halten. Der Kunde selbst muss selten überzeugt werden. Tatsache ist aber, dass der Holzbau für intelligente Konstruktionen und innovative Produkte bestraft wird. Um ein Zertifikat zu bekommen, müssen enorme bürokratische Hürden überwunden werden – für jedes Land in der EU extra. Da tut sich die Beton- und Ziegelindustrie mit ihren großen Volumina und vergleichsweise wenigen Details leichter. Hier sehe ich einen wesentlichen Hebel für leistbares Wohnen, ebenso für den Wirtschaftsstandort Österreich.Â
Weiss: HAAS zeichnet sich durch einen hohen Vorfertigungsgrad aus. Wie sieht das konkret aus – was wird im Werk, was auf der Baustelle gemacht? Und wo liegen die Grenzen in der Vorfertigung?    Â
Josef Zügner: Was immer geht, bauen wir im Werk ein. Die Grenzen haben wir mit der Entwicklung unserer Modulbauweise „flexhome“ erkannt: Fertige Räume auf die Baustelle zu liefern, bedeutet auch, viel Luft zu transportieren – das muss wirtschaftlich und ökologisch vertretbar sein. Ganz entscheidend in der Vorfertigung ist der saubere Fenstereinbau. Hier haben wir mit der Entwicklung unserer zweiten Dichtebene bei der Fensterbank Maßstäbe gesetzt. Diese gleichbleibend hohe Einbauqualität erreicht man nur in der geschützten Umgebung einer Werkshalle. Wir haben uns auf der anderen Seite ganz bewusst dazu entschieden, die Oberflächen erst auf der Baustelle zu finalisieren, um ein fugenloses Gesamterscheinungsbild anbieten zu können.
Weiss: Worin sehen Sie die wesentlichen Vorteile des Holzbaus für den Bauherren/die Bauherrin?   Â
Josef Zügner: Der Holzbau ist prädestiniert für einen hohen Vorfertigungsgrad. Dieser ermöglicht uns eine für das Bauwesen ungleich bessere Qualitätskontrolle – es ist ja ganz einleuchtend, dass auf der Baustelle bei schlechter Witterung und gerade heute, wo den ganzen Winter durchgearbeitet wird, der Wille zur Perfektion unterwandert wird. Bei uns gibt es kaum noch Arbeiten bei Wind, Wetter und Kälte und die paar wenigen verbleibenden Arbeitsschritte auf der Baustelle werden konzentriert und rasch umgesetzt.
Ein weiterer Vorteil ist natürlich die Nachhaltigkeit. Kein anderer Baustoff kann mit einer positiven CO2-Bilanz aufwarten und damit einen aktiven Beitrag zum Schutz unserer Umwelt und des Klimas leisten. Und nicht zuletzt ist Holz einfach der Inbegriff für wohltuendes Wohnen und Leben. Wobei der Nachweis alles andere als einfach ist. Zum Glück gibt es mittlerweile aber ein paar Untersuchungen, wie z. B. bei Kindergärten oder Spitälern, die ein deutlich positives Verhalten von Kindern nachweisen oder in Patientenzimmern eine deutlich reduzierte Zahl von Mikroorganismen aufzeigen. Auch die höhere Leistungs- und die bessere Erholungsfähigkeit in Holzbauten wurde mittlerweile bestätigt.
Weiss: Klimaschutz und Umweltverträglichkeit sind für die Baubranche ein wichtiges Thema. Welchen Beitrag kann der Holzbau leisten?    Â
Josef Zügner: Ganz einfach: deutlich Marktanteile dazugewinnen! Holz ist das einzige Bauprodukt mit einer positiven CO2-Bilanz. Sprich: Je mehr Bauwerke aus Holz gebaut werden, umso eher und schneller kann die gesamte Bau-CO2-Bilanz von negativ auf positiv umgedreht werden. Jedes Material hat seine Vorzüge, so werden wir Fundamente sinnvollerweise weiterhin in Beton herstellen, aber darüber haben wir die Zukunftslösung in Form des Holzbaus.
Weiss: Im Jahr 2011 hat HAAS am Standort Großwilfersdorf eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung etabliert. Welche Bedeutung hat F&E im Holzbau bzw. konkret für HAAS?    Â
Josef Zügner: Ãœber viele Jahre hat unser Firmengründer Xaver Haas als One-Man-Show neben den geschäftlichen auch die Entwicklungsagenden allein geführt und dabei eine gute Nase bewiesen. Sein Kredo: So viele Gewerke wie möglich selbst auszuführen, damit man den Holzbau mit dem Fensterbau, dem Parkettverlegen etc. sinnvoll verknüpfen und Synergien nutzen kann. Von Beginn an hat Xaver Haas sehr eng mit Universitäten zusammengearbeitet. Heute können die vielen unterschiedlichen Bereiche, in denen geforscht und entwickelt wird, nicht mehr von einer Person gemanagt werden, deshalb wurde eine eigene F&E-Abteilung gegründet. Â
Weiss: Wohin geht der Holzbau in der Zukunft?
Josef Zügner: Ganz klar in Richtung einer wesentlich breiteren Anwendung. Seine entscheidende Stärke kann der Holzbau in der urbanen Nachverdichtung ausspielen, beim Füllen von Baulücken ebenso wie beim Aufstocken bauplatzfressender Vorstadt-Einkaufszentren. Mit einer hochvorgefertigten Holzbauweise ist das am erträglichsten möglich. Schließlich gilt es beim innerstädtischen Bauen, in unmittelbarer Umgebung einer Vielzahl von Menschen Bauzeiten so kurz wie möglich zu halten und möglichst wenig Raum in Anspruch zu nehmen – beispielsweise für Baustelleneinrichtungen oder Zwischenlagerung von Materialien. Mit vorgefertigtem Holzbau reduzieren sich all diese Dinge auf ein Minimum.Â
Den größten Forschungsbedarf sehe ich demzufolge auch in der Entwicklung und Etablierung von standardisierten Holzbaulösungen für genau solche Fälle. Ein weiterer Schwerpunkt wird das Thema Wohn- bzw. Arbeitsgesundheit sein und auch der Brandschutz wird uns weiter begleiten. Jedoch nicht, um noch nicht erfüllte Standards zu erreichen, sondern ganz im Gegenteil heute weit übertroffene Anforderungen wieder auf ein realistisches Maß zu reduzieren.
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Person:
Josef ZÃœGNER
Mit 1. April dieses Jahres ist Josef Zügner in den wohlverdienten Ruhestand getreten. Knapp 37 Jahre war er in leitender Position und zuletzt als Geschäftsführer für HAAS Fertigbau tätig. Dank seines Einsatzes wuchs der Standort in Großwilfersdorf zu einem der führenden Holzbaubetriebe Österreichs. Durch sein Engagement in diversen Fachverbänden und Institutionen der Holzindustrie ist es ihm gelungen, den Holzbau wieder verstärkt in der Gesellschaft zu etablieren. Ein persönliches Anliegen war und ist ihm die Aus- und Weiterbildung der Jugend in den diversen Berufen des zeitgemäßen Holzbaus. Â
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