Planen und Bauen im Raster

  • Christa Prantl und Alexander Runser
    Christa Prantl und Alexander Runser
    Christa Prantl und Alexander Runser entwickeln, planen und realisieren ihre Projekte auf Basis eines selbst definierten Planungsrasters, der dem Holzbau entlehnt ist.© Franz Pflügl
  • Weinlandbad Mistelbach
    Weinlandbad Mistelbach
    Zur Gänze als konstruktiver Holzbau ausgeführt nimmt der Kabinen- und Techniktrakt des Weinlandbades Mistelbach Bezug zur traditionellen Holzarchitektur historischer Sommerbäder. © Rupert Steiner
  • Volksschule im 19. Bezirk
    Volksschule im 19. Bezirk
    Zu schön, um temporär zu sein: Bei der Volksschule in der Mannagettagasse in Wien 19 handelt es sich zum Zeitpunkt der Errichtung aus baurechtlicher Sicht um ein temporäres Bauwerk.© Rupert Steiner
  • VKKJ-Ambulatorium in Mistelbach
    VKKJ-Ambulatorium in Mistelbach
    Das neue VKKJ-Ambulatorium in Mistelbach wurde vollständig in Leichtbauweise errichtet.© Rupert Steiner, www.rupertsteiner.com
  • VKKJ-Ambulatorium in Mistelbach
    VKKJ-Ambulatorium in Mistelbach
    Die Außenwände des Ambulatoriums sind als vorgefertigte Holzständerwände ausgeführt.© Rupert Steiner, www.rupertsteiner.com
  • VKKJ-Ambulatorium in Mistelbach
    VKKJ-Ambulatorium in Mistelbach
    Insgesamt 40 Leimholzsäulen tragen die gesamte Dach- bzw. Deckenlast.© Rupert Steiner, www.rupertsteiner.com

Seit ihrer gemeinsamen Studienzeit an der TU Wien sind Christa Prantl und Alexander Runser beruflich und privat ein eingespieltes Team. Mit einem kleinen Stamm an Mitarbeitern und einem über die Jahre gewachsenen Netzwerk an Spezialisten entwickeln und planen sie Projekte in allen Größenordnungen und begleiten diese von der ersten Entwurfsskizze bis zum letzten Realisierungsdetail. Solide Basis für alle ihre Projekte ist ein stringentes Planungsraster, den sie schon zu Beginn ihrer gemeinsamen Karriere entwickelt haben und der bis heute Gültigkeit hat.

Viele Architekten arbeiten ein halbes (Berufs)Leben lang daran, um von Projekt zu Projekt eine eigenständige Formensprache, einen individuellen Stil, ihre unverwechselbare Handschrift zu entwickeln. Christa Prantl und Alexander Runser von RUNSER|PRANTL Architekten haben das schon sehr früh in ihrer Karriere geschafft – oder zumindest etwas Ähnliches.

Denn auf den ersten Blick geben die Projekte ihre Protagonisten nicht preis. Zu unterschiedlich ist die Bandbreite an Wettbewerben, Projekten und Bauaufgaben, die sie im Laufe ihrer über drei Jahrzehnte langen Karriere gemeinsam entwickelt, geplant und realisiert haben. Von kleineren Wohnungsumbauten und Einfamilienhäusern über Gestaltungen im öffentlichen Raum, einen Yachtclub, Gemeindezentren, Freibäder bis hin zum großvolumigen Wohnbau oder Spezialbauaufgaben wie Ambulatorien, Pflegezentren, Krankenhäuser oder Schulen. Vom Um- und Zubau über Sanierung und Erweiterung bis hin zum Neubau auf der grünen Wiese – in Massivbauweise oder als Leichtbaukonstruktion, in Holz, Beton, Stahl oder einer Kombination daraus reicht ihr umfangreiches Projektportfolio. Spätestens aber dann, wenn man einen Plan von RUNSER|PRANTL in Händen hält, ist sie da – die eindeutige Handschrift, die alle ihre Projekte eint und ihre Entwürfe unverwechselbar macht. Weniger aufdringlich als ein durchgängiger Stil, nicht so deutlich wie die Handschrift des „Stararchitekten“, aber umso nachvollziehbarer und nützlicher für Planung und Ausführung und vor allem auch wirtschaftlich höchst sinnvoll.

Planungsraster

Das erste Mal auf die Idee, einem Projekt einen Planungsraster zugrunde zu legen, kamen RUNSER|PRANTL im Rahmen ihrer letzten  Entwurfsübung im Architekturstudium: Ein Heilbad mitten in der ägyptischen Wüste nahe der Oasenstadt El Kharga. Da bot es sich geradezu an, mitten im Niemandsland, wo man sich an keine baulichen Strukturen oder landschaftlichen Gegebenheiten anlehnen kann, einen eigenen Raster zu entwickeln – ähnlich wie die vor Jahrhunderten dort im Sand versunkenen antiken römischen Siedlungen, die sich am strengen römischen Kastellgrundriss orientierten. Die Idee des Planungsrasters war geboren und sollte die beiden Architekten durch ihre gesamte berufliche Karriere bis heute begleiten.

Dem Holzbau entlehnt

Abgeleitet ist der Konstruktionsraster von 1 mal 1 Meter aus dem Holzbau, findet sich aber beispielsweise auch in den Schalungstafeln mit Abmessungen von 0,5 mal 1,0 Meter für den Betonbau wieder. Hier zeigt sich auch der wirtschaftliche Nutzen, denn hält man sich an das Raster, wird der Verschnitt der Schalungstafeln auf ein Minimum reduziert. Ausgehend vom Grundmaß des einen Meters wird der Raster nach Bedarf heruntergebrochen – halber Meter, Viertelmeter usw. Das bringt auch wesentliche Vorteile für die Planer mit sich, wie Christa Prantl erklärt: „Wenn wir beispielweise Schalungspläne zur Freigabe bekommen, kann man diese schnell kontrollieren. Ich kenne unsere Standardmaße, fällt etwas aus dem Raster, merke ich das mit einem Blick.“

Theoretischer Background

Während des Studiums setzten sich RUNSER|PRANTL intensiv mit der Architektur der Moderne auseinander. Kurz vor seinem Diplom erhielt Alexander Runser das Josef-Frank- Stipendium der Österreichischen Gesellschaft für Architektur und beschäftigte sich ausführlich mit dem Schaffen von Frank, der nach seiner Emigration einen wesentlichen Einfluss auf die Ausprägung des skandinavischen Wohnstils nahm.

Direkt nach dem Studienabschluss arbeitete Alexander Runser in der Loosforschung im Büro von Anton Schweighofer. Danach begaben sich die beiden Jungarchitekten auf einen mehrmonatigen Studienaufenthalt in die USA. Nach seiner Rückkehr arbeitete Alexander Runser in der Forschung und als Assistent am Institut für Gebäudelehre. Es folgten weitere Lehraufträge für Alexander Runser am Institut für Gebäudelehre und ein Lehrauftrag für Christa Prantl am Institut für Hochbau und Entwerfen. Parallel dazu arbeiteten die beiden Jungarchitekten am Aufbau ­ihres eigenen Büros.

Zu ebener Erde und erster Stock

Die offizielle Bürogründung als RUNSER|PRANTL architekten erfolgte Ende der 1980er Jahre. Gewohnt und gearbeitet wird seitdem unter einem Dach in einem Haus der Jahrhundertwende in Wien Döbling: „Das hat seine Vor- und Nachteile“, wie Christa Prantl bestätigt: „Einerseits spart man eine Menge Zeit auf dem Weg vom Büro und wieder zurück, auf der anderen Seite ist man natürlich auch verleitet noch schnell nach dem offiziellen Büroschluss oder an den Wochenenden zu arbeiten.“

Diesbezüglich haben sich beide aber in den vergangenen Jahren diszipliniert und trennen Arbeits- und Freizeit wesentlich konsequenter als noch in der Anfangsphase. Auch räumlich wurde die Trennung vollzogen: Während früher Büro und Wohnung quasi Tür an Tür lagen, ist heute der erste Stock vorrangig dem Wohnen vorbehalten. Das Büro erstreckt sich über das gesamte Erdgeschoß: ein kleiner Besprechungsraum, ein Zwei-Mann-Büro und ein Open-Office für die Mitarbeiter mit direktem Blick in den parkähnlichen Garten. In einer geschlossenen Holzveranda, einem nachträglichen Anbau aus den 1920er Jahren, hat sich Alexander Runser seinen Arbeitsplatz eingerichtet. Mit Blick ins Grüne kann er hier auch mal die Türe hinter sich schließen und ungestört an neuen Projekten, Entwürfen oder Wettbewerben arbeiten.

Geordnet und gestapelt liegen hier ein paar aktuelle Zeitschriften auf der weißen Tischoberfläche, vier Stifte – rot, blau, gelb, grün – im Köcher neben den Zeitschriften, ein heller Holzboden und weiße, bilderlose Wände. Mehr braucht es nicht bzw. mehr soll es auch gar nicht sein, damit nichts ablenkt, man unbelastet von jeglicher Staffage sich ganz und gar auf einen neuen Entwurf einlassen und hochkonzentriert arbeiten kann. Dieser puristische Ansatz zieht sich durch die gesamte Büroetage. Man findet auch keine Pläne oder Bilder von eigenen Projekten. Anders sieht das in der Endphase von Wettbewerben oder Entwurfsplanungen aus. Dann werden die großen Doppelflügeltüren mit Skizzen, Entwürfen und Plänen beklebt. Nach Fertigstellung wird alles wieder abgehängt und verschwindet im Archiv bzw. wird zerrissen und entsorgt, was nicht mehr gebraucht wird.„Das hat einen gewissen Reinigungseffekt und trägt dazu bei, ein abgeschlossenes Projekt hinter sich zu lassen, den Kopf frei zu machen und offen zu sein für Neues“, so Runser.     

 

Personen:

Alexander Runser
geboren in Wien
Studium der Architektur an der Technischen Universität Wien
Diplom 1985
1989–1995 Assistent, dann Lehrauftrag an der TU Wien – Institut für Gebäudelehre
seit 1995 Universitätslektor an der TU Wien 

Christa Prantl    
geboren in Steyr
Studium der Architektur an der Technischen Universität Wien
Diplom 1985
1993–1995 Lehrauftrag an der TU Wien – Institut für Hochbau und Entwerfen
seit 2011 Mitglied des Gestaltungsbeirates des Landes Niederösterreich   

Preise und Auszeichnungen

• 1994 Stadt- und Dorferneuerungspreis des Landes Niederösterreich
• 1994 Anerkennungspreis für Vorbildliche Bauten des Landes Niederösterreich
• 1994 Bauherrenpreis der ZV der Architekten Österreichs, Finalist
• 1995 Mention spéciale, Fifal, 4ème édition du festival international du film d’architecture libre, Bucarest
• 1995 Kulturpreis des Landes Oberösterreich, Talentförderungspreis für Architektur (Prantl)
• 1995 Preis der Stadt Wien, Förderungspreis für Architektur
• 1996 Anerkennungspreis für Vorbildliche Bauten des Landes Niederösterreich
• 1999 Architekturpreis Einfamilienhäuser der Reiners Stiftung
• 2001 Würdigung zum Staatspreis für Consulting durch das Bundesministerium  für Wirtschaft und Arbeit
• 2006 Niederösterreichischer Baupreis 2006, Anerkennung
• 2009 Holzbaupreis Niederösterreich 2009
• 2009 Bauherrenpreis der ZV der Architekten Österreichs
• 2010 Anerkennungspreis für Vorbildliche Bauten des Landes Niederösterreich
• 2013 Austrian Brick and Roof Award 13/14, Anerkennung Wohnbau großvolumig
• 2013 Bauherrenpreis der ZV der Architekten Österreichs 2013, Nominierung
• 2015 Wienwood 15 – Holzbaupreis, Kategorie Öffentliche Bauten, Nominierung  Â