PORTRAIT: Das Leben ist keine Generalprobe

  • Simon Speigner im Portrait
    Simon Speigner im Portrait
    „Das Gebaute spiegelt unsere Lebensform wider. Das in Stein gegossene Gesellschaftsbild.“ „Unsere Aufgabe als Architekten sehe ich darin, diese Gedanken und Ideen in Wohnformen, Räume und Raumatmosphären umzusetzen.“ © Maybach
  • Gemeindezentrum und Feuerwehr Steinbach am Attersee:
    Gemeindezentrum und Feuerwehr Steinbach am Attersee:
    Der neue Baukomplex mit seinen zwei leicht zueinander verschobenen Trakten sowie einem freistehenden, eingeschoßigen Baukörper gibt dem Dorfplatz einen neuen, modernen Rahmen.© Andrew Phelp
  • Gemeindezentrum und Feuerwehr  Steinbach am Attersee
    Gemeindezentrum und Feuerwehr Steinbach am Attersee
    Der neue Baukomplex mit seinen zwei leicht zueinander verschobenen Trakten sowie einem freistehenden, eingeschoßigen Baukörper gibt dem Dorfplatz einen neuen, modernen Rahmen.© Andrew Phelp
  • Kulturkraftwerk oh456
    Kulturkraftwerk oh456
    Kulturkraftwerk oh456 – so nennt Architekt Simon Speigner sein nachhaltig ökologisches Bürogebäude, dass das Team von sps-architekten vor knapp über einem Jahr bezogen hat.© Walter Luttenberger

Was könnten ein Waldviertler Schuhproduzent und ein Salzburger Architekt schon gemeinsam haben? Sehr viel. Neben einer geballten Ladung Kreativität und Eigensinn lassen sich beide vom Leben und der Natur belehren und sich Wege aus dem beschleunigten, an Oberflächlichkeiten orientiertem Leben weisen. Dass sie gerade dabei wahre Schönheit finden, ist nicht zu übersehen.

Der Architekt Simon Speigner macht nun schon seit fünfzehn Jahren auf sich aufmerksam und setzt dabei nicht nur eindrucksvolle bauliche Impulse, sondern prägt auch das kulturelle und intellektuelle Leben im Salzburger Thalgau. Die Bekenntnisse zum ökologischen Bauen und zum Material Holz ziehen sich dabei wie ein roter Faden durch das bau-liche Schaffen des Lehrers, Juroren, Vortragenden, Sachverständigen, Kurators und Baukulturvermittlers Simon Speigner.

Begonnen hat alles, als ihn eines Tages ein Freund um Hilfe bat. Er wollte ein Fertighaus bauen, das jedoch nicht so recht auf sein krummes Grundstück passen wollte. Dabei machte Speigner die Erfahrung, dass die Planung und Errichtung von Einfamilienhäusern durchaus spannende Aufgaben sind, da sie einem ermöglichen, in unterschiedliche Lebenswelten einzudringen und manchmal sogar lebenslange Freundschaften zu gewinnen.

Sehr bald sollten die Herausforderungen jedoch deutlich größer werden. Mit dem ersten gewonnenen Wettbewerb begann 2003 am Attersee ein zehnjähriges Bauprojekt, bei dem in der Gemeinde Steinbach ein neues Gemeindezentrum samt Feuerwehr entstand, das heute die örtliche Mitte der Gemeinde bildet.

Im Zuge dieses Bauvorhabens gründete Speigner 2006 das Büro sps-Architekten, mit derzeit neun Mitarbeitern. Die Arbeit des sps-Teams war von Beginn an von einem kooperativen Geist getragen. Integrative Planung stand dabei an der Tagesordnung. Dabei werden die Mitarbeiter und ihre unterschiedlichen Fach-bereiche von Beginn an in die Planung eines Projektes eingebunden. „Es war immer schon normal, dass wir alle auf selber Augenhöhe an einem Tisch sitzen – der Statiker, der Haustechniker etc. – und neue Projekte und Ideen generieren. So wird mehr hinterfragt, mehr Gedanken fließen ein, mehr Augen sehen, was Sache ist“, so Speigner.

Als das Büro 0123, das 2003 mit dem Salzburger Landesenergiepreis ausgezeichnet wurde, endgültig zu klein wurde, stellte man bald fest, dass der Markt für die kreative Mannschaft keine passende Immobilie zu bieten hatte. Als dann ein altes Sägewerk zum Verkauf stand, begann man das neue Büro einfach selbst zu entwickeln. Am Ende des siebenjährigen Bauprozesses stand in Thalgau-Oberndorf nicht nur ein Plus-Energiebüro für die sps-Architekten, sondern ein ganzes „Kulturkraftwerk“, das heute das kulturelle und intellektuelle Leben in der Region aufmischt.

Simon Speigner wusste schon relativ früh, dass er sich dem Bauen widmen wollte. Nach der HTL stand er vor der Entscheidung Bauingenieur oder Architekt zu werden. Doch da ihn das kreative Schaffen damals schon in seinen Bann gezogen hatte, ging er nach Graz, um Architektur zu studieren. Nach einer weiteren Zwischenstation in Niederösterreich kehrte er wieder zurück nach Salzburg – in die Berge, zu den Seen und in die Natur, die ihm bis heute als wichtigste Inspirationsquelle dienen.

Der heimat- und naturverliebte Architekt weiß nicht nur Landschaften, Kulturbauten, Wein und gutes Essen zu genießen. Auch die Haptik unterschiedlicher Materialien üben einen besonderen Reiz auf ihn aus.

Nicht zu übersehen ist auch Speigners ausgeprägte Neigung zum Metaphysischen. Bücher wie „Selbst in der Sparsamkeit ist Schönheit möglich“ des österreichischen Architekten Franz Riepl, der Film „Das Leben ist keine Generalprobe“ über den „Waldviertler“-Schuhproduzenten Heini Staudinger oder „Die Gemeinwohl-Ökonomie“ von Christian Felber geben ihm zu denken. Dabei sieht er die Auf-gabe des Architekten darin, diese Gedanken und Ideen in Wohnformen, Räume und Raum- atmosphären umzusetzen.“ Anstatt sich tagtäglich zu fragen, wie sich ein Projekt billiger und schneller realisieren lässt, befasst sich Speigner lieber mit Fragen der gesellschaftlichen Werte und Haltungen, denn „das Gebaute spiegelt unsere Lebensform wider. Das in Stein gegossene Gesellschaftsbild“, so Speigner.

Die Tatsache, dass Holz in seiner Arbeit einen zentralen Stellenwert hat, führt Simon Speigner auf sein genetisches Erbe zurück. Sein Urgroßvater war Förster, sein Vater Zimmerer. Dadurch ist er sehr früh mit dem Material Holz in Berührung gekommen. Im Studium kam er später dann mit dem Thema Bauökologie in Kontakt. Ein Thema, das zu seinem ständigen Begleiter werden sollte. Was Simon Speigner besonders reizt, sind ungewöhnliche Bauaufgaben.

Seine aktuelle Herausforderung ist es, für die Erzabtei St. Peter in Salzburg die Friedhofshäuser zu sanieren und umzubauen. Dabei taucht er in die Kultur- und Baugeschichte der historischen Stadt ein und begibt sich auf die Suche nach edlen Materialien und beständigen baulichen Lösungen. Die Erzabtei sieht er dabei als besonders interessanten Bauherrn: „Eine Firma mit 1300- jähriger Unternehmensgeschichte, die auf Beständigkeit Wert legt. Ein spannender Schöpfungsprozess, bei dem wir einiges für unser Leben lernen können.“

Zur Person: Dipl.-Ing. Simon Speigner, Architekt

Beruflicher Werdegang  
  1990 – 1997 Architekturstudium an der TU Graz und TU Wien 
  seit 2001 eigenes Architekturbüro in Thalgau 
  seit 2006 sps-architekten zt gmbh mit derzeit 9 Mitarbeitern im Passivhausbüro oh456 in Thalgau 
  2004 – 2012 Vorsitzender Fachbeirat Architektur Landeskulturbeirat Salzburg 
  seit 2005 Lehrtätigkeit FH Salzburg – BGH Kuchl sowie BAUAkademie Lehrbauhof Salzburg 
  2007 Gründungsmitglied IG Passivhaus Salzburg 
  seit 2009 Mitglied im erweiterten Vorstand Plattform für Architekturpolitik und Baukultur Jury-, Vortrags- und Sachverständigentätigkeit, Kuratoren- und Baukulturvermittlungstätigkeit 
Auszeichnungen  
  2003 Salzburger Landesenergiepreis 
  2005 Holzbaupreis Oberösterreich – Sonderpreis Energieeffiziente Bauweise 
  2006 Holzbaupreis Rosenheim; Architekturpreis des Landes Steiermark; Österreichischer Baupreis (Nominierung)
  2007 Steirischer Holzbaupreis (Sonderpreis Innovation), Holzbaupreis Salzburg 
  2008 Premio Internazionale Architettura Sostenibile Fassa Bortolo 
  2010 Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit 
  2011 Liechtenstein-Preis für Nachhaltiges Bauen und Sanieren in den Alpen (Anerkennung) 
  2012 Holzbaupreis Oberösterreich (Nominierung); Holzbaupreis Niederösterreich (Anerkennung) 
  www.sps-architekten.com  
 www.oh456.at  

 

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