Vancouver in Wien

  • Vancouver-House in Wien:
    Vancouver-House in Wien:
    Beim internationalen Kooperationsprojekt in der Waldrebengasse 3 in 1220 Wien dienen rund 4.300 m² Riduro Holzbauplatten von RIGIPS als aussteifende Beplankung für den Holzbau und sorgen zudem für den erforderlichen Brandschutz. Knapp 600 m³ ISOVER Ultimate Holzbaufilz stellen die erforderliche Wärmedämmung zur Erreichung des Passivhausstandards sicher.© © oln.at
  • Per-Albin-Hansson-Siedlung in Wien-Favoriten:
    Per-Albin-Hansson-Siedlung in Wien-Favoriten:
    Im Rahmen des Stadterneuerungsprojekts zur Verbesserung der Lebensqualität wurden u. a. neue, generationenübergreifende Treffpunkte im Freien geschaffen© ©IBA Wien/Ludwig Schedl
  • Das Vancouver-House ist eines der markantesten Projekte der IBA in Wien. Es entstand auf Basis einer 2018 geschlossenen Städtepartnerschaft zwischen Vancouver und Wien.© © oln.at
  • IBA-Quartier „Biotope-City”:
    IBA-Quartier „Biotope-City”:
    Ein klimaresilientes, dichtes Quartier mit Dach- und Fassadenbegrünung.© © IBA_Wien/Yvonne Fetz
  • Das IBA-Forschungsprojekt Pocket Mannerhatten Ottakring untersuchte in den Jahren 2016 bis 2021 das nachbarschaftlich vernetzte Nutzen von Räumen, Flächen und Infrastrukturen.© © Studio Mannerhatten
  • Das Projekt MGG22 in der Seestadt Aspern zeigt die erste Anwendung thermischer Bauteilaktivierung im sozialen Wohnbau.© © Manfred Seidl

Unter dem Motto „Neues soziales Wohnen“ sollten Antworten auf gesamteuropäische Trends – wie wachsender Wohnungsbedarf, steigende Boden- und Baukosten, zunehmende soziale Diversität sowie Auswirkungen des Klimawandels auf die gebaute Umwelt – gefunden werden. „Wie wohnen wir morgen?“ war dabei die zentrale Leitfrage, die all diese Themen als gemeinsame Klammer überspannte. Fast auf den Tag genau drei Jahre nach der letzten Veranstaltung im Präsentationsjahr 2022 wurde nun mit dem „Vancouver-House“ eines der prestigeträchtigsten Projekte der IBA fertiggestellt.

Seit über einem Jahrhundert sind internationale Bauausstellungen ein zentrales Echtzeit-Laboratorium für Architektur, Städtebau und gesellschaftliche Innovationen. Sie verbinden städtebauliche Experimente mit sozialer, ökologischer und kultureller Verantwortung. Seit der allerersten IBA in Darmstadt im Jahr 1901 haben die IBAs – in engem Dialog mit ihrem lokalen Kontext – immer wieder Meilensteine gesetzt. Ziel war und ist es dabei stets, urbane Lebensweisen zu hinterfragen und neu zu definieren sowie Zukunftsmodelle für das Zusammenleben im städtischen Umfeld zu schaffen.

Feldlabor für Architektur, Wissenschaft und Forschung

Dabei fungiert die Bauausstellung als eine Art Kata­lysator zwischen Forschung, Planung und Baupraxis. Sie bündelt das Know-how und fördert Partnerschaften zwischen öffentlichen Institutionen, der Wissenschaft, den Architekturschaffenden und den Stadtbewohner*innen. Daraus entstehen nicht nur wegweisende Gebäude, sondern auch exemplarische Antworten auf komplexe gesellschaftliche Fragestellungen, wie zum Beispiel: Wie wollen wir in Zukunft wohnen? Wie kann der soziale Zusammenhalt seitens der Architektur gestärkt werden? Oder: Wie lässt sich nachhaltiges Bauen auch wirtschaftlich und alltagstauglich umsetzen? Damit fungieren die IBAs als eine Art Experimentierfeld für neue ­Lebensweisen im großen urbanen Maßstab.

IBA_Wien 2022 – neues soziales Wohnen

Mit der IBA_Wien 2022 fand in Österreich erstmals eine Internationale Bauausstellung statt. Unter dem Motto „Neues soziales Wohnen“ widmete sich die Stadt Wien den aktuellen Herausforderungen einer wachsenden Metropole. Leistbarkeit, Klimaschutz, Mobilität und neue Nachbarschaftsmodelle standen dabei im Fokus. Im Zeitraum zwischen 2016 und 2022 wurden in diesem Zusammenhang über 100 Projekte in neuen Quartieren realisiert. Der inhaltliche Spannungsbogen reichte dabei von pilotartigen, neuen Bauverfahren bis hin zu sozialen Experimenten. Die Ergebnisse des siebenjährigen Schwerpunktes wurden von Mai bis November 2022 im IBA-Zentrum am ehemaligen Nordwestbahnhofgelände präsentiert und über zahlreiche Führungen zu den einzelnen Projekten, Einzelveranstaltungen, Gesprächen und Interventionen im Stadtraum erlebbar gemacht. Insgesamt über 100 innovative Projekte wurden so im Rahmen der IBA-Laufzeit gemeinsam mit Institutionen, Bauträgern, Architekturschaffenden, Vertreter*innen der Stadt und Experten und Expertinnen aus unterschiedlichsten fachlichen Disziplinen entwickelt. „Wien hat mit seiner Bauausstellung erneut bewiesen, dass es auch in herausfordernden Zeiten möglich ist, leistbares, hochwertiges und zukunftsfähiges Wohnen erfolgreich auf einen Nenner zu bringen. Im Rahmen der IBA_Wien wurden bleibende Meilensteine gesetzt, von denen heute tausende Wienerinnen und Wiener und die ganze Stadt profitieren“, so der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig.

Transatlantische Städtekooperation

Eines der markantesten Projekte der Internationalen Bauausstellung in Wien ist das sogenannte „Vancouver-House“, das erst vor wenigen Tagen an seine zukünftigen Nutzer*innen bzw. Bewohner*innen übergeben wurde. Das Vancouver-House in der Waldrebengasse im 22. Wiener Gemeindebezirk entstand aus einer im Jahr 2018 vereinbarten Städtepartnerschaft zwischen dem kanadischen Vancouver und Wien, zwei Städte, die regelmäßig als die ­lebenswertesten der Welt ausgezeichnet werden.

Das Vancouver-House in Wien wurde vom ortsansässigen Architekturbüro Rüdiger Lainer + Partner (RLP) für den Wohnbauträger Frieden geplant. Der Neubau umfasst neben den 107 Wohneinheiten auch einen hauseigenen Kindergarten sowie drei Geschäftslokale. Das Gebäude steht exemplarisch für klimaneutrales und ressourcenschonendes Bauen. So findet sich bereits in der Ausschreibung beispielsweise die Forderung nach einer 100-prozentig erneuerbaren Wärmeversorgung – auch ohne Anbindung an das Fernwärmenetz. Umgesetzt wurde dieser Anspruch an nachhaltiges Bauen über ein höchst energieeffizientes Gebäudekonzept und die Installation von Wärmepumpen, die die Wärmeversorgung im Gebäude sicherstellen. Aber auch in der Bauweise wurde auf Nachhaltigkeit gesetzt und eine moderne Holz-Hybrid-Konstruktion realisiert, die eine Weiterentwicklung des HoHo Wiens in der Seestadt Aspern darstellt. Mit seinen 24 Geschoßen und einer Höhe von 84 Metern zählt das Holzhochhaus (HoHo) zu den höchsten Holz-Hybrid-Konstruktionen der Welt. Ebenso wie im HoHo wurden nun auch im Vancouver-House Holz-Beton-Verbunddecken (HBV) eingesetzt sowie die Außenwände als Brettsperrholz-­Verbundkonstruktion (BSP) ausgeführt. Für die Erreichung vom erforderlichen Brandschutz REI 90 wurde ein optimierter Wandaufbau mit einer einfachen 15 mm RIGIPS Riduro Beplankung in Kombi­nation mit dem ISOVER Ultimate HBF umgesetzt.

Sozial Innovativ

Neben der nachhaltig ökologischen Konstruktion wurde beim Vancouver-House aber auch be­son-deres Augenmerk auf neue Wohnformen gelegt. Flexible Grundrisse erweitern die Nutzungsvariabilität und Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Wohn- und Lebensbedürfnisse. Gemeinschaftlich genutzte Räume sollen dabei gleichzeitig den Zusammenhalt der Bewohner*innen fördern. Und die Kombination aus variabler und gemeinschaftlicher Nutzung schlägt sich darüber hinaus in deutlich leistbaren Wohnmodellen nieder. Ein Konzept, das sich vor allem auch an Allein­erziehende richtet – eine Zielgruppe, die in Wien seit Jahrzehnten deutlich anwächst. Um diese Ansprüche an vielfältiges und leistbares Wohnen bestmöglich umsetzen zu können, wurde für das Vancouver-Haus das neue offene Bausystem „OBSYS“ entwickelt, das eine modulare und serielle Fertigung ermöglicht und damit einerseits wirtschaftliche, auf der anderen Seite aber auch gleichzeitig ressourcenschonende Bauweisen unterstützt. 

Sozialer Wohnbau als Exportgut

Das Vancouver-House in Wien entstand in wechselseitigem Austausch mit dem Wien-Haus in Vancouver – einer Passivhaus-Siedlung auf dem Standard des Wiener Sozialen Wohnbaumodells. Während in Wien kanadische Holzbaukomponenten integriert wurden, dient das Partnerprojekt in Vancouver als Vorzeigemodell für leistbaren kommunalen Wohnbau. Eine ebenso symbolische wie technische Brücke zwischen den zwei Kontinenten. Beiden Projekten liegt das Wiener Vier-Säulen-Modell zugrunde: Architektur, Ökologie, Ökonomie und soziale Nachhaltigkeit wurden innerhalb der IBA als Paradebeispiel für internationalen Wissenstransfer und kooperative Zusammenarbeit präsentiert.

Gekommen, um zu bleiben

Was bleibt also von der IBA_Wien 2022? Im November 2022 endete die internationale Nabelschau auf die heimische Architektur- und Bauproduktion, doch die gesetzten Impulse und auf den Weg gebrachten Projekte bleiben bzw. fließen direkt in die Stadtplanung ein. Vor allem sollen diese zeigen, dass sozialer, leistbarer und ökologischer Wohnraum kein Widerspruch sind. Das Vancouver-House ist als gebaute Vision eines klimaverträglichen, ­integrativen städtischen Wohnbaus ein deutliches Symbol dafür.

Die IBA in Wien hat die Tradition der internationalen Bauausstellungen einen Schritt weitergebracht und auf internationalem Parkett bewiesen, dass sich im 21. Jahrhundert Innovation, sozialer Anspruch und Baukunst erfolgreich vereinen lassen.             

ZITAT:
„Wien hat mit seiner Bauausstellung erneut bewiesen, dass es auch in herausfordernden Zeiten möglich ist, leistbares, hochwertiges und zukunftsfähiges Wohnen erfolgreich auf einen Nenner zu bringen. Im Rahmen der IBA_Wien wurden bleibende Meilensteine gesetzt, von denen heute tausende Wienerinnen und Wiener und die ganze Stadt profitieren.“
Michael Ludwig, Bürgermeister der Stadt Wien      

„Das große Interesse aus dem In- und Ausland hat uns gezeigt, wie stark das Thema Wohnen weltweit in den Mittelpunkt des Interesses gerückt ist. Wien hat hier den Vorteil einer langen und kontinuierlichen Tradition, die es ­permanent zu pflegen gilt.“
Kurt Hofstetter, IBA-Koordinator

Zentrale Themenfelder der IBA_Wien 2022

  • Leistbares Wohen
    Innovationen im geförderten Wohnbau, wie flexible Grundrisse, modulare Bauweisen und neue Finanzierungsmodelle
  • Neue Bauformen
    Pilotprojekte im Bereich Holzbau, Energiekreisläufe und Recyclingmaterialien
  • Nachbarschaft und Gemeinschaft
    Förderung von Grätzeln als soziale Mikrokosmen, z. B. durch gemeinschaftliche Freiräume oder geteilte Infrastrukturen
  • Klimawandel und Ökologie
    Strategien zur Begrünung, Regenwassermanagement und Gebäudeklimatisierung

 

FAKTEN:

Vancouver-House, Wien
Waldrebengasse 3, 1220 Wien

Architektur: Rüdiger Lainer + Partner ZT GmbH, Wien
Bauträgerin: Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Frieden, Wien
Bauausführung:  PORR AG, Wien
Holzbau: StroblBau – Holzbau GmbH, Weiz
Tragwerksplanung und Bauphysik: RWT plus ZT GmbH, Wien
Saint-Gobain Lösungen: RIGIPS Riduro Holzbauplatten