Architektur ist Bildung

  • Preisträger GA 2024: Ciro Pirondi, Brasilien© Â© Global Award for Sustainable Architecture
  • Preisträger GA 2024: Iyas Shahin & Wesam Al Asali, Damaskus|Syrien© Â© Global Award for Sustainable Architecture
  • Preisträger GA 2024: Klaus K. Loenhart, Deutschland/Österreich © Â© Global Award for Sustainable Architecture
  • Preisträgerin GA 2024: Marina Tabassum, Bangladesch© Â© Global Award for Sustainable Architecture
  • Preisträger GA 2024: Andrés Jaque, USA/Spanien© Â© Global Award for Sustainable Architecture
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Dieser würdigt die Verdienste von Architekturschaffenden und Planern, die sich nicht nur den wirtschaftlichen, sondern auch den ökologischen, sozialen und kulturellen Herausforderungen stellen UND dabei nach einer neuen Definition von Fortschritt beim Planen und Bauen suchen sowie gleichzeitig auch nach einem ausgewogenen Gleichgewicht zwischen Mensch und Umwelt trachten. Heuer erstmalig unterstützt auch die Saint-Gobain Gruppe als offizielle Partnerin den internationalen Award, in dessen Rahmen alljährlich fünf Architekten aus aller Welt ausgezeichnet werden.        

 „Architecture is Education“ lautet das dies-jährige Motto des Global Award for Sustainable Architecture (GA), das auch gleichzeitig Titel des in diesem Jahr erstmals erschienenen Buches zum ­internationalen Symposium ist. Ins Leben gerufen wurde der GA von der Architektin und Forscherin Jana Revedin im Jahr 2006, um eine weithin sichtbare Plattform zu schaffen, die innovatives Denken in der Architektur fördert und die Einführung nachhaltiger Lösungen beim Planen und Bauen zum Ziel hat. „Als ich vor 18 Jahren diesen Preis ersann, wollte ich nicht nur ein einzelnes Projekt honorieren, sondern eine Haltung, ein politisches, soziales, technisches und künstlerisches Statement, einen lebenslangen Lernprozess würdigen. Heute bin ich stolz darauf, dass sich alle ­unsere Preisträger der Nachhaltigkeit verpflichtet ­fühlen, Architektur mit einem zukunftsweisenden Ansatz verfolgen und sich Gedanken über den Fuß-abdruck machen, den Menschen in ihrer Umwelt hinterlassen“, so die GA-Initiatorin Jana Revedin.

Architektur im Dienst der Gesellschaft

„Architektur ist eine Wissenschaft, Architektur ist ein Handwerk und ebenso eine Kunstgattung – vor allem anderen aber steht Architektur im Dienste der Gesellschaft“, zitiert Revedin den Architekten und Bauhaus-Gründer Walter Gropius im Rahmen der Preisverleihung am 19. April. Vor diesem Hintergrund unterstützt auch die Unesco seit über zehn Jahren den weltweiten Architektur-Nachhaltigkeitspreis.   

„Der GA hat nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal in Bezug auf seine Thematik, sondern ist bislang auch einzigartig, was seinen internationalen Erfolg angeht. Wie kein anderer Preis stellt er das wichtigste Thema der zeitgenössischen Architektur in den Mittelpunkt: Nicht Ästhetik oder Konstruktion, sondern die Wiedervereinigung zwischen der menschlichen Daseinswelt und der Natur und Umwelt steht seit Anbeginn des Preises im Fokus“, so Architekt Werner Sobek, ehemaliger Preisträger (2019) des GA und designiertes Jury-Mitglied für das Jahr 2025.

Nachhaltiges Design nicht nur in der Architektur, sondern auch in der Raumplanung sowie dem Städtebau ist eines der Grundprinzipien des GA, der dieses als Katalysator für einen neuen, partizipativen Ansatz definiert. Gleichzeitig müssen die Grundprinzipien eines jeden Projekts – wie Dauerhaftigkeit, Flexibilität, wirtschaftliche, technische und ökologische Angemessenheit sowie kulturelle und soziale Akzeptanz – im Hinblick auf die neuen Anliegen einer Gesellschaft ebenso überdacht werden: nämlich in der Bekämpfung von Ungleichheit und kultureller Respektlosigkeit. Die Global Award Community – bestehend aus 85 zeitgenössischen Architekten und Teams aus der ganzen Welt – setzt sich genau dafür ein. Ebenso wie für nachhaltige Architekturethik, die Förderung von Forschung und Entwicklung und über all dem für die Vermittlung in den Bereichen der nachhaltigen Ar­chitektur und Stadterneuerung. Dabei definiert die Global Community Architektur als Mittel zur Selbstbestimmung, Selbstentfaltung und als wesentliches Bürgerrecht. „Wagen, vermitteln, verbünden“, lautet somit auch die Zielsetzung hinter dem Award. 

Preisträger 2024

IWLab ist ein multidisziplinäres Forschungslabor, das 2009 von den Architekten Iyas Shahin und Wesam Al Asali gegründet wurde. Mit Büros in Syrien und Spanien widmen Sich IWLab der Erforschung, Vermittlung und Praxis von Kultur, Architektur und Design. Dabei arbeiten sie eng mit Studierenden und Architektenkollegen zusammen, um ein Netzwerk von Kreativen mit vielfältigen und interdisziplinären Fähigkeiten zu entwickeln. Ursprünglich als Reaktion auf den Mangel an Vitalität in der Architektur gegründet, hat sich IWLab zu einem Pionier im Bereich der Architektur- und Kulturerbe-Vermittlung sowie der Stadtforschung entwickelt.

Andrés Jaque gründete das Büro für politische ­Innovation (OFFPOLINN) im Jahr 2003 nach einem Treffen mit dem französischen Philosophen Bruno Latour. Laut Latour sind Architekten entscheidende Akteure im Kampf für soziale Gerechtigkeit. Der Zugang zu angemessenem Wohnraum ist dabei einer der Schlüsselfaktoren. Die Aufgabe der Architekten ist es aus seiner Sicht, die ökologischen und politischen Faktoren des bewohnten Raums zu hinterfragen: Wie können Fortschritt und Demokratie gefördert werden? Wie gestalten wir Gleichberechtigung im städtischen Kontext?

Die Arbeit von OFFPOLINN befasst sich mit diesen Fragen, indem sie Design, Forschung und Aktivismus kombinieren und die Mechanismen herausfordern, in denen Architektur als Mittel zur Ausgrenzung herangezogen wird. Für OFFPOLINN geht es bei der Zusammenarbeit nicht nur ums Teilen ihrer architektonischen Ergebnisse, sondern auch die aktive Auseinandersetzung mit verschiedenen Gemeinschaften und das Schaffen von Räumen für aufmerksames Zuhören und gemeinschaftliche Aktionen.

Marina Tabassum ist Architektin, Pädagogin und Projektleiterin zur Stärkung der Gemeinschaft und verwischt dabei die Grenzen zwischen Lehren, Lernen und Handeln in einzigartiger Form. Ihre Projekte bringen Experten, Studenten und Anwohner zusammen, um Modelle zur Verbesserung der Lebensbedingungen für alle zu finden. Um genau diese Projekte auch durchführen zu können, hat Tabassum auch die Stiftung für Architektur und Gemeinschaftsgerechtigkeit (FACE) gegründet. Damit zählt sie zu den engagierten Wohnbau-Architekt/innen, die überzeugt sind, dass gleichberechtigter Zugang zum Wohnen auch neue, alternative Wirtschaftsmodelle braucht.

Der brasilianische Architekt Ciro Pirondi ist Mitbegründer und ehemaliger Rektor der Escola da Cidade, die mit ihren Lehrinhalten exakt die Anliegen und Ziele des Global Award for Sustainable Architecture verkörpert. Bei der Wissensvermittlung steht für Pirondi immer ein interdisziplinärer Ansatz im Vordergrund, ganz nach dem Vorbild des brasilianischen Reformpädagogen Paulo Freire.

Im Jahr 2002 startete die Escola da Cidade mit der Aufnahme von Studierenden. Gegründet wurde sie von der Associação Escola da Cidade – Arquitetura  ei Urbanismo (AEC), einer Vereinigung von Intellektuellen, Architekten, Künstlern und Technikern.

Ihre Arbeitsweise ist vorrangig unbürokratisch mit demokratischer Organisationsstruktur und einer finanziell unabhängigen Studienvertretung, die die Architekturausbildung sozial und ökonomisch ausgerichtet hat und sich ein gutes Stück weit wegbewegt vom überdominanten Fokus auf Rentabilität in der Immobilienentwicklung und -verwaltung.

Architekt und Professor für Architektur und Landschaft Klaus K. Loenhart experimentiert und lehrt die neuen Grundsätze einer bioklimatischen Architektur, mit dem Ziel lebende Ökosysteme und die Aktivitäten von Menschen neu zu denken und umzusetzen. Ihm zufolge besteht die Hauptaufgabe des Architekten ­darin, ökologische Gebäude zu konzipieren und zu entwerfen, um Mensch und Umwelt wieder mehr in Einklang zu bringen. Loenhart beschäftigt sich dabei beispielsweise mit der Frage, wie man den Energie­verbrauch senken und dabei gleichzeitig die Lebensqualität erhöhen kann. Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit beschäftigt er sich mit den Möglichkeiten, eine Form von Architektur und Städtebau zu entwickeln, die angesichts des fortschreitenden Klimawandels helfen kann, die natürliche Biodiversität und Artenvielfalt wieder zu erhöhen.

 

JURY

PROF DR. JANA REVEDIN
Architektin, Professorin École Spéciale d’Architecture Paris|F
Gründungspräsidentin des Global Award for Sustainable Architecture, Venedig|IT

MARIE-HÉLÈNE CONTAL
Architektin, Dekanin École Spéciale d’Architecture, Paris|F 

PROF DR. JACOPO GALLI
Università IUAV di Venezia, Venedig|IT 

PROF. DR. SPELA HUDNIK
Architektin, Universität von Ljubljana|SLO 

PROF. DR. DENIZ INCEDAYI 
Architekt, Mimar Sinan Universität der Schönen Künste, Istanbul/TR

PROF. DR. METTE RAMSGAARD THOMSEN 
Architektin, Königlich Dänische Akademie, Kopenhagen|DK

PROF. XU TIANTIAN 
Architekt, Tsinghua-Universität, Peking/CN
Preisträger des Global Award for Sustainable Architecture 2023

BUCHTIPP

ARCHITECTURE IS EDUCATION
Global Award for Sustainable Architecture 2024

Marie-Hélène Contal, Jana Revedin, José Luis Uribe Ortiz
Verlag: ArchiTangle
ISBN 978-3-96680-028-0
Sprache: Englisch
Seiten: 160
Erschienen: April 2024
Preis: 48,00 € 

ARCHITECTURE IS EXPERIMENTATION
Global Award for Sustainable Architecture 2023

Marie-Hélène Contal, Jana Revedin, Anupama Kundoo
Verlag: ArchiTangle
ISBN 978-3-96680-027-3
Sprache: Englisch
Seiten: 144
Erschienen: April 2024
Preis: 48,00 €