Rendezvous mit der Zukunft
Zwar kann niemand die Zukunft wirklich voraussehen, aber die Gabe und der Ideenreichtum, sich mit prognostizierten Entwicklungen auseinanderzusetzen und schon jetzt Lösungen dafür zu finden, ist eine großartige. Wie gut, dass es Menschen gibt, die voller Energie daran arbeiten, dass die Zukunft eine bessere wird.
Von Barbara Jahn
Licht-Blick
Ãœbriggebliebene Orangenschalen und kaputte Autoscheiben als Ressourcenlager? Eine willkommene und wichtige Nachricht in unserer Wegwerfgesellschaft. Denn aus beidem können wertvolle Klebstoffe gewonnen werden. In einem gemeinschaftlichen Forschungsprojekt des Kunststoffzentrums SKZ, des Fraunhofer IMWS und des TÃœ-BITAK Marmara Research Centers namens „Orange Oil“ ist es laut Industrieverband Klebstoffe gelungen, einen echten ökologischen Schatz zu heben. In einem Epoxidierungsprozess wird aus Schalen extrahiertes Orangenöl chemisch verändert und anschließend mit einem Härter zu einem biobasierten Zweikomponentensystem vermischt. Dieses könnte dann beispielsweise als Klebstoff, als Harzschicht für Bodenbeläge oder als Matrix-Komponente in Faserverbundwerkstoffen eingesetzt werden, etwa für den Schienenfahrzeug-, SportÂgeräte-, Automobil-, Architektur-, Schiff- und Innenausbau.
Der dänische Teppichhersteller Ege Carpets hingegen ersetzt ab sofort den in der Produktion seiner „ReForm“-Kollektionen sehr energie- und wasserintensiven Latex im Bindemittel durch einen neu entwickelten Verbinder aus recyceltem Klestoff, gewonnen aus gebrauchten Autoglasscheiben. Dazu wurde eine Lebenszyklusanalyse nach dem Cradle-to-Gate-Prinzip durchgeführt, die zeigt, dass der neue Verbinder den CO2-Fußabdruck bei der Produktion um 22 bis 38 Prozent pro Quadratmeter reduzieren kann. Beide Beispiele zeigen, dass Abfallprodukte, sei es aus der Lebensmittelindustrie oder aus der Autoindustrie, zu einem wertvollen, nachhaltigen Rohstoff für die Kunststofftechnik werden und einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz leisten können.Â
www.klebstoffe.com
www.egecarpets.de
Weit-Blick
Für die Artenvielfalt in Städten ist in der Stadtentwicklung dringend ein Umdenken erforderlich. Aus diesem Grund haben Diez Office, das American Hardwood Export Council (AHEC) und OMC°C, Spezialist/innen für Stadtbegrünungssysteme, eine innovative Struktur zur Begrünung und Abkühlung urbaner Räume namens „Vert“ entwickelt. Die modulare Holzstruktur mit hohen, von Kletterpflanzen bewachsenen Segeln trägt dazu bei, CO2 aus der Atmosphäre zu binden und gleichzeitig kühlende Schattenbereiche zu schaffen. Hergestellt aus nachhaltigen Materialien, wie technisch modifiziertes Brettschichtholz aus amerikanischer Roteiche und biologisch abbaubaren Netzen, verbinden die Dreiecksrahmen mit textilen Pflanzgefäßen Ästhetik mit greifbarem Nutzen für Umwelt und Mensch und stellen einen transformativen Ansatz für die Stadtentwicklung dar, der sich problemlos in die bestehende Infrastruktur integrieren lässt.
www.americanhardwood.org
www.diezoffice.com
www.omc-c.com
Durch-BlickÂ
Des Baustellenleiters neuer bester Freund: Zuerst noch skeptisch beäugt, nun aber weitverbreitet eingesetzt – der Robodog auf der Baustelle. Seine Vorteile sind aber nicht etwa, dass er nichts zu fressen braucht und auch nicht Gassi gehen muss, sondern alles dokumentiert, was rund um ihn passiert. Der Roboterhund „Spot“ von Boston Dynamics kann beispielsweise Daten sammeln, vor Gefahren warnen und so gut wie grenzenlos auf Entdeckungsreise gehen, nämlich vor allem dort, wo für die Menschen Endstation ist.
Mit einem angebrachten Laserscanner kann Spot autonom 3D-Modelle im Innen- und Außenbereich erstellen, Echtzeitmessungen und Strukturunter-suchungen durchführen und mit vorkonfigurierten Paketen für Inspektion, Forschung und Gefahrenabwehr einen echten Mehrwert schaffen. Zudem ist Spot einfach zu bedienen und intuitiv zu erlernen, so dass er sowohl für manuelle Einsätze als auch für autonome Missionen schnell eingesetzt werden kann.
Ein-Blick
Das Design-Build-Projekt „Carapacks“ ist ein Architekturkonzept, bei dem beliebig gekrümmte Freiformflächen als doppelschalige Stecksysteme umgesetzt werden können. Entwickelt haben es Studierende an der Architekturfakultät der Hochschule Biberach über den Zeitraum von mehreren Semestern, betreut von Simon Vorhammer, Dr. Jonas Schikore, Dr. Christina Jeschke und David Ott. Die Besonderheit des hexagonalen Systems besteht darin, dass alle Teile krümmungs- und torsionsfrei sind und lotrechte Schnittkanten aufweisen. Die Montage erfolgt ohne den Einsatz schwerer Geräte und durch in die Bauteile eingebettete Bezeichnungen und Positionen unkompliziert. Das System ist nicht auf Holzpavillons beschränkt, sondern könnte auch auf Überdachungen und Fassaden übertragen werden. Die Materialbeständigkeit kann durch die Wahl von Holz für den Außenbereich oder die Verwendung anderer wetterfester plattenförmiger Materialien sowie Holzbehandlungen gewährleistet werden.