Maybach Museum: Wiederbelebung eines Denkmals

  • Museum für historische Maybach-Fahrzeuge im bayrischen Neumarkt: Touristischer Anziehungspunkt im wiederbelebten Industriedenkmal. © Saint-Gobain RIGIPS
  • In Szene gesetzt: Der Zugang zum eigentlichen Museum führt durch das historische Gebäude über einen Innenhof hin zum neu errichteten Foyerbauwerk. © Saint-Gobain RIGIPS
  • Links und rechts des lang gestreckten Innenhofs können die Besucher durch die großen „Schaufenster“ schon einen ersten Blick auf die exklusiven Luxuskarossen ergattern. © Saint-Gobain RIGIPS
  • Auf den Erhalt der bestehenden Bausubstanz wurde höchster Wert gelegt.© Saint-Gobain RIGIPS
  • Dunkle Graphitflächen bilden den optimalen Hintergrund für den glänzenden Lack und Chrom der Oldtimer. © Saint-Gobain RIGIPS
  • Das Ehepaar Anna und Helmut Hofmann stellt ihre zusammengetragenen und restaurierten Edelkarossen im weltweit einzigartigen Maybach-Museum aus.© Saint-Gobain RIGIPS
  • Auf rund 2.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche präsentieren sich die Automobilen Wunschträume vergangener Epochen. © Saint-Gobain RIGIPS
  • Das in Stahlbeton neu errichtete Foyer dient als zentrale Erschließungsplattform des Museums. Links und rechts des Foyers geht es in die eigentlichen Ausstellungsbereiche. © Saint-Gobain RIGIPS

Nach Jahrzehnten mit unterschiedlichster Nutzung und letztendlich dem Verfall preisgegeben, entstand in den ehemaligen Industriegebäuden der Holzgartenstraße im bayrischen Neumarkt in der Oberpfalz ein außergewöhnliches Ausstellungsensemble: Die zeitgemäße Architektur verschmilzt mit dem historischen Gebäudebestand zu einer harmonischen Einheit und bildet einen adäquaten Rahmen für die Fahrzeugflotte der Luxusklasse.

Die exklusiven Fahrzeuge der Marke „Maybach“ zählen zu den Preziosen der Automobil-geschichte. Nur rund 1.800 Exemplare wurden im Zeitraum zwischen 1920 und 1941 in Friedrichs-hafen am Bodensee gefertigt. Weltweit weniger als ein Zehntel davon hat die Jahrzehnte überdauert – und genau 16 edle Einzelstücke haben in Neumarkt ein neues, luxuriöses Zuhause gefunden. Dort nämlich hat das Ehepaar Anna und Helmut Hofmann die Edelkarossen nicht nur zusammengetragen und restauriert, sondern auch ein weltweit einzigartiges, öffentlich zugängliches Markenmuseum ins Leben gerufen.

Harmonische Kontraste

Bis Ende der 1950er-Jahre fertigte die Firma Express Werke AG Fahr- und Motorräder. Nach der Stilllegung des Betriebes wechselten Besitzer und Nutzungsarten der ehemaligen Industriegebäude mehrfach, bis diese zuletzt leer standen und dem Verfall preisgegeben waren. Die Gebäude verfielen und wurden zum Teil abgerissen, bis Anna und Helmut Hofmann das Areal kauften und mit der umfassenden Sanierung des Gebäudeensembles begannen. Für die Planung zeichnete das Architekturbüro Berschneider + Berschneider aus Pilsach bei Neumarkt verantwortlich. In enger Zusammenarbeit mit den Bauherren wurden die vorhandenen Flächen und Baukörper strukturell neu geordnet. Dabei wurde auf den Erhalt der bestehenden Bausubstanz höchster Wert gelegt. Durch den hochwertigen Innenausbau verschmelzen die erhaltene Architektur und die neu hinzugefügten Gebäudeteile zu einer gestalterischen Einheit, die die luxuriösen Exponate richtig in Szene setzen. „Unser Ziel war es, die ehemaligen Fabrikgebäude durch ein harmonisches Zusammenspiel der historischen Bausubstanz mit zeitgemäßer Architektur zu neuem Leben erwachen zu lassen“, erklärt Architekt Johannes Berschneider. „Die sorgsam konservierten Spuren der früheren Express Werke lassen sich in allen Bereichen des Areals spüren und finden. Gebäudebereiche mit Einbauten aus der jüngeren Vergangenheit wurden entkernt und die alten Raumstrukturen wieder herausgearbeitet“, so Berschneider weiter.

Durch ein eisernes Tor mit Maybach-Wappen betreten Besucher den Innenhof und erreichen von da aus den neu errichteten Foyerbau. Als neue Erschließungsfläche verbindet er die Maybach-Ausstellungsräume links und rechts sowie die Büroflächen am Kopf des Gebäudes. Im bewussten Kontrast zu den historischen Bestandsbaukörpern wurde das neue Foyer in Sichtbetonbauweise errichtet.

Reduzierte Innenraumgestaltung

Die Vitrinen und Durchgänge im Foyer scheinen wie scharfkantig aus den planen Betonflächen geschnitten. Zwischen den Betonunterzügen der Deckenkonstruktion ist eine Stoffbespannung montiert, die in einen Streifen aus Gipsplatten links und rechts der Leuchtschiene übergeht. Die reduziert gehaltene Materialpalette verfehlt ihre klare Wirkung nicht und wird auch in den Ausstellungsbereichen fortgesetzt. „Bestes Beispiel sind die dunklen Graphitflächen, die einen optimalen Hintergrund für den glänzenden Lack und Chrom der Oldtimer bilden“, schwärmt der Architekt.

Beim Betreten der knapp 2.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche offenbart sich dem Besucher das Spiel aus alt und neu. „Der Boden in den Ausstellungsbereichen wurde mit den alten Asphaltplatten konserviert – inklusive aller Gebrauchs- und Abnutzungsspuren aus vergangenen Tagen“, beschreibt Ausbau-Experte Wolfram Dörrmann ein wesentliches Merkmal der Innenraumgestaltung. Als gestalterischen Kontrapunkt zum historischen Boden wurde die Deckenverkleidung in Trockenbauweise absolut plan und ebenflächig nahezu „auf Hochglanz poliert“, so dass die in den Vorsatzschalen untergebrachte indirekte Beleuchtung die Räume ohne ungewollten Streiflichtschatten erhellt.

Unterschiedlichste Wand- und Deckenkonstruktionen in Trockenbauweise erzeugen ein spannungsvolles und doch in sich stimmiges Interieur. Dabei wurden vonseiten des Bauherrn und Architekten höchste Anforderungen an die Oberflächenqualität gestellt. Wie zum Beispiel bei einer auf den ersten Blick wenig spektakulären Rückwand für ein besonders eindrucksvolles Maybach-Exemplar. Erst wenn der Beamer eingeschaltet und die frei hängende, perfekt planebene Vorsatzschale zur großformatigen Projektions-fläche wird, zeigt sich die hohe Qualität des Innenausbaus. Als eines der wichtigsten Elemente der Ausstellungspräsentation zeigt die Projektions-fläche beispielsweise historische Straßenzüge – also das eigentliche Zuhause der Fahrzeuge. Jede noch so kleine Materialunebenheit würde im harten Projektorlicht störend ins Auge stechen.

Auf den Spuren der Geschichte 

Ein Teil des Museums wurde den ehemaligen Express Werken gewidmet: Die einstigen Werkstätten sowie die damals gefertigten Fahr- und Motorräder werden hier präsentiert sowie um moderne Informationsflächen in Wandnischen und Schaukästen ergänzt. Spuren der industriellen Vergangenheit finden sich auf dem gesamten Areal. So dient beispielsweise ein früherer Verwaltungsbau heute als moderne Bürofläche – ohne dabei seinen baulichen Charakter eingebüßt zu haben. Vollgussstützen, restaurierte Parkettböden und filigrane Holz-Glas-Trennwände stehen in spannendem Kontrast zu neuen Einbauten, Fenstern, Türen und Möbeln. Zu jedem Zeitpunkt und in jedem Raum ist man mit der Geschichte des Hauses konfrontiert. Und auch bei den Besuchern kommt die Generalsanierung samt Umbau gut an. Mehrere tausend Besucher ließen sich im vergangenen Jahr im mittlerweile mehrfach ausgezeichneten Museumsbau vom Glanz längst vergangener Automobil-Epochen verzaubern.

Fakten:

Museum für historische Maybach-Fahrzeuge
Holzgartenstraße 8, D-92318 Neumarkt

Bauherr: Museum für historische Fahrzeuge GmbH / Anna und Dr. Helmut Hofmann, Neumarkt
Architektur: Berschneider + Berschneider Architekten BDA + Innenarchitekten BDIA, Pilsach
Trockener Innenausbau: Dörrmann Innenausbau GmbH, Berg
Baubeginn: Mai 2007
Fertigstellung der Neubauten: Februar 2009
Eröffnung des Museums: März 2009

www.automuseum-maybach.de